Ein kühler Aprilmorgen an dem ich durch den Biosphärenpark Wienerwald spaziere – all meine Sinne geschärft, die Augen und Ohren weit offen und mit einem Fernglas ausgerüstet, bin ich auf dem Weg zu einer ganz besonderen Habichtskauz-Brut. An meinem Beobachtungsplatz angekommen, richte ich den Blick auf das ausgemorschte Astloch einer alten Buche. Nur durch eine einzige hervorstehende Feder kann ich erahnen, dass Habichtskauz-Dame Huhu gerade ihr weiches Gefieder gegen das Nest drückt, um die vier Eier darin zu wärmen. Auf leisen Schwingen gleitet plötzlich ihr Partner Ares heran, eine Wühlmaus im Schnabel – er versorgt seine Auserwählte mit Nahrung. Huhu und Ares sind eines von etwa dreißig Habichtskauz-Paaren, die unsere Wälder derzeit bereichern. Das Besondere an ihnen? Sie waren das erste Habichtskauz-Paar im Wienerwald, das sich einen natürlichen Brutplatz ausgesucht hat. Bäume mit ausreichend großen Bruthöhlen sind oftmals rar – nicht so im Biosphärenpark Wienerwald. Hier wurden von den Österreichischen Bundesforsten sowie von Grundeigentümern ausgewählte Baumflächen außer Nutzung gestellt. Denn nur große, alte Bäume mit Höhlen können einen geeigneten Lebensraum für viele Tiere bilden.
Mein nächster Fixpunkt: Habichtskauz-Dame „Wilde Hexe“. Sie brütet im Nachbarrevier, allerdings in einem eigens angefertigten Nistkasten. Solange es nicht genügend hohle Bäume gibt, unterstützen wir die großen Eulen mit künstlichen Nisthilfen. Neugierig inspiziert sie ihre Umgebung, durch einen an der Innendecke angebrachten Spiegel. Dessen primäre Funktion wäre eigentlich mir die Kontrolle der Brut zu erleichtern. Dass er von den brütenden Habichtskäuzen auch vice versa genutzt werden kann, dürfte sich wohl als sehr angenehmer Nebeneffekt gestalten.
Nicht immer durften meine Schützlinge den Wienerwald ihr zu Hause nennen. Zur Mitte des 20. Jahrhunderts war es still geworden um die große Waldeule in Österreich. Erst im Jahr 2009 entschloss sich ein Forscherteam der Vetmeduni Vienna dazu, dem ehemals heimischen Habichtskauz unter die Flügel zu greifen und ein Wiederansiedlungsprojekt zu starten. Zwölf Jahre sind nunmehr vergangen. Das allererste Brutpaar im Wienerwald, Tom & Hanna, streift noch heute umher. Unsere Freude, als es im Jahr 2011 für den ersten Habichtskauz-Nachwuchs im Wienerwald sorgte, ließ sich kaum in Worte fassen. Stolze 16 Jungvögel konnten sie in den vergangenen Jahren großziehen.
Huhu & Ares, Wilde Hexe, Tom & Hanna sind nur einige winzige Puzzlesteine einer ganz großen Erfolgsgeschichte für Österreichs Artenschutz. Heute wie damals freue ich mich gemeinsam mit vielen weiteren Akteur*innen dieses Artenschutzprojektes über die kleinen und großen Erfolge rund um die Wiederansiedlung des Habichtskauzes. Denn egal ob Förster*in, Jäger*in, Grundeigentümer*in, Biolog*in oder Citizen Scientist – wir alle sind der Wind unter den Schwingen des Habichtskauzes.
© Team_Habichtskauz_Wiederansiedlung 2021-05-25