Rückkehr nach Ägypten

Elke R. Richter

von Elke R. Richter

Story

Dreißig Jahre später kehrten Gerd und ich nach Ägypten zurück. Wir hatten inzwischen geheiratet. Zur Erinnerung an unser erstes Treffen wollten wir eine Schiffsreise auf dem Nil machen.

Doch es gab erneut kriegerische Auseinandersetzungen. Am Tag unseres Abflugs begannen die Luftangriffe auf Bagdad. Viele Touristen stornierten ihre Reisen. Doch wir entschlossen uns, trotzdem zu fliegen.

Das fängt gut an, dachte ich bei mir. Noch erstaunter waren wir, als uns der Reiseleiter begrüßte: »Sie sind die einzigen Gäste auf dem Dampfer. Wir haben deshalb noch sechs Passagiere von einem anderen Schiff überredet, ihnen Gesellschaft zu leisten.«

Ein Kleinbus brachte uns zur Anlegestelle. Wir durchquerten drei Schiffe, bis wir auf der Blue Sky ankamen. Es war ein Schiff mit zwei Decks und nur wenigen Kabinen. Ein Steward führte uns in eine Luxussuite, bestehend aus Wohn-, Schlafzimmer und Bad.

Während des Mittagessens legte der Dampfer ab in Richtung Edfu. Später gingen wir auf das Oberdeck, wo Liegestühle aufgestellt waren. Ein winziger Swimmingpool befand sich vorn. Da wir nur eine kleine Gruppe waren, gab es kein Gedränge. Wir saßen entspannt in unseren Liegestühlen und betrachteten die vorbeiziehende Landschaft.

Ich hatte mir einen Skizzenblock mitgenommen und fertigte Zeichnungen an von den auf dem Nil gleitenden Segelbooten und dem schmalen Küstenstreifen. Am Ufer standen Palmengruppen, vereinzelt tauchten ockerfarbene Dörfer auf, dahinter erstreckten sich braungelbe Hügelketten. Darüber wölbte sich der Himmel, der meist von einem diesigen Blau war. An den Ufern wuschen Frauen ihre Wäsche, die Räder eines Schöpfwerks knarrten ächzend. Der Wind trug den Singsang eines Fellachenjungen herüber, der den Büffel antreiben sollte, um das Räderwerk zu kurbeln.

Als ich gerade mit einer weiteren Skizze beschäftigt war, ertönte die Schiffsglocke. Ein Steward hatte auf einem Tisch Tee und Gebäck hingestellt. Wir setzten uns auf die Stühle unter Sonnenschirmen und genossen die Pause. Zwei Schiffe zogen an uns vorbei. Wahrscheinlich wollten sie als Erste bei der Schleuse in Esna sein. Doch unser Kapitän, den wir später bei einer Besichtigung kennenlernen sollten, ließ ausrichten, dass wir rechtzeitig ankommen würden.

Am nächsten Morgen besuchten wir nach dem Frühstück den Tempel von Edfu, der erst vor etwa 150 Jahren vom Nilschlamm befreit worden war. Das umfangreichste Heiligtum der Ptolemäer war dem Gott Horus geweiht, der als Falke dargestellt wurde.

Anschließend fuhr unser Schiff weiter stromaufwärts. Das Libysche, gelblich gefärbte Gebirge näherte sich im Westen dem Nil, dahinter erstreckte sich Wüste. Einige Störche zogen über das Niltal nordwärts. In den frühen Nachmittagsstunden passierten wir die Felsen von Gebel es-Silsileh, wo sich der bedeutendste Sandsteinbruch Ägyptens befand.

Schließlich erreichten wir Kom Ombo, einen Doppeltempel, der weithin sichtbar auf einem Hang thronte.

© Elke R. Richter 2022-05-28

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