Rudi gib Acht

PoeSy

von PoeSy

Story

„Rudi, Rudi gib Acht, dein Schatten schleicht durch die Nacht…“ Die nicht mehr so Jungen werden sich vielleicht noch an diesen Song von Minisex erinnern. Ich verbinde mit diesem Lied Erinnerungen an Nachbar Rudi! Er war Straßenkehrer bei der Gemeinde, konnte keiner Fliege was zuleide tun, er war hilfsbereit, und: er war neugierig!

Meine Eltern waren beide ebenfalls bei der Gemeinde beschäftigt, sie waren also Rudis Kollegen. So lange ich mich zurück erinnern kann, war Rudi in meinem Umfeld. Vom Alter her schon eher Opa, betrachtete er mich gewissermaßen irgendwie als „Enkelin“ – vermutlich auch, weil seine Ehe kinderlos geblieben war. Er war lustig, hatte oft komische Ideen, es gab viel zu lachen mit ihm. Oft beschenkte er mich mit Dingen, die ich gar nicht haben wollte – aber ihm gefielen sie! Fand ich das als Kind noch witzig, nervte es mich mit zunehmendem Alter dann doch ein wenig. „Gut gemeint, ist das Gegenteil von gut gemacht!“ Meinen Weg zur jungen Erwachsenen beobachtete Rudi jedenfalls sehr genau.

Einmal waren meine Eltern über´s Wochenende weg, und ich war froh, ganz alleine zu Hause zu sein! Ich war damals 16, es gab trotzdem keine „Sturmfrei-Party“, keinen Alkohol, keine Orgien. Ich konnte endlich lange schlafen, laut meine Musik hören, mehr brauchte ich nicht.

Am Samstagnachmittag besuchte mich Peter, mein „Sandkastenfreund“. Wir kannten uns praktisch von Geburt an, unsere Eltern waren miteinander befreundet. Peter und ich mochten uns, hatten Spaß miteinander, aber zwischen uns „lief“ absolut nichts! An besagtem Nachmittag plauderten und lachten wir also im Garten. Plötzlich stand Rudi vor uns, wie aus dem Boden gewachsen. „Aha! Host Besuch?“, fragte er mich scheinheilig. Peter grüßte artig, und ich antwortete genervt: „Siechst jo, den Peter kennst eh.“ „Jo eh, oba deine Eltern san net daham“, gab Rudi zu bedenken. Peter und ich verdrehten alle 4 Augen, und wussten, dass der Anstandswauwau leibhaftig vor uns stand! „Kannst eh auf uns aufpassn, wenn´s d´ manst“, versuchte Peter zu beruhigen. Wir hatten nicht mit Rudis Hartnäckigkeit gerechnet. Er kam näher, dann setzte er sich exakt zwischen (!) uns beide auf die Bank! Wir mussten sehr lachen – Rudi lachte mit! Anders als geplant verlief unser weiteres Gespräch. Rudi blieb, bis Peter nach Hause fuhr. Dann versicherte Rudi mir: „A so a jungs Madl allan mit an jungen Burschn! Da muass ma aufpassn!“ Weil mir darauf keine Antwort einfiel, meinte er weiter: „Oba brauchst ka Angst ham, i sag´ deine Eltern eh nix, dass da Peter da war!“ Grinsend wünschte ich ihm einen schönen Abend, und ging ins Haus. Angst vor irgendwem oder -was war unnötig. Die Security war auf dem Posten! 😁

Am Montag darauf beim Mittagessen mit meinen Eltern, meinte Papa lachend: „Rudi hat mir erzählt, dass da Peter bei dir woar. Es gangat eahm jo nix an, aber er hat auf di aufgepasst!“ Wir lachten alle drei, und meine Mutter bemerkte: „So wird jo nia a Freind a Chance ham – da Rudi wird olle vagraulen!“

© PoeSy 2020-09-08

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