Rundgang über den Römerweg zum Türkentor

Karin Sieder

von Karin Sieder

Story

Beim Aussteigen aus dem Auto in Bacharnsdorf ist es windstill. Die Wolken hängen schwer über der Donau. Es ist Sonntagmorgen und kein Verkehr an der Donauuferstraße. Ich folge den gelben Schildern, die den Römerweg auf dieser Strecke markieren. Er führt aus dem Ort, durch Wein- und Obstgärten, entlang des Dürrenbachs in eine versteckte Schlucht hinein. Der Weg ist anfangs noch asphaltiert und weist eine ständige, leichte Steigung auf. Der erste Teil des Weges ist gut zu erkennen, da er mit den Symbolen des Welterbesteiges Wachau markiert ist. Verlaufen ist dadurch ausgeschlossen. Das Plätschern des Dürrenbachs begleitet mich durch den Wald.

Gewaltige Granitformationen weisen auf den urgeschichtlichen Ursprung der Gegend hin. Moos gibt den Formationen ein ewiges Aussehen und man hat das Gefühl, in eine Märchenwelt einzutauchen. Ein Feuersalamander kriecht verschreckt aus dem Weg. Man hört keine Autos und auch kein anderer Wanderer hat sich an diesem Tag dorthin verirrt. Es ist still. Einzig die Geräusche des Waldes unterhalten mich. Verschiedene Vogelstimmen sind zu hören. Ich erkenne nur den kurzen Ruf eines Käuzchens. Der Weg ist ausgetreten. Wie viele Jahrhunderte dieser Weg wohl als Versorgungsstrecke diente? Nach etwas einer Stunde Gehzeit weist ein Wegweiser auf das Türkentor hin. Es ist der Rest einer Grenzanlage aus dem 16. Jahrhundert. Die Steinbauweise hat die Jahrhunderte größtenteils gut überlebt.

Der Weg fällt nun ab. Man erkennt nun die deutlichen Spuren, die dem Römerweg seinen Namen geben. In den Felsen am Boden sind eindeutige Fahrgassen von eisenbeschlagenen Fuhrwerken zu erkennen. Wie oft muss wohl ein Eisenrad über Stein fahren, bis es eine Fahrrinne im Granit hinterlässt? Die Römer wanderten mit ihren Fuhrwerken viele hundert Kilometer über die Alpen. Dies muss eine beschwerliche und gefährliche Reise gewesen sein. Ich denke, dass sie oft über Jahre hinweg ihre Heimat nicht wiedersahen. In meinem Kopf entstehen Bilder und ich sehe, erschöpfte Römer über diese Wege gehen. Vom Wetter und der Reise gezeichnet. Der Waldweg schlängelt sich nun stetig talwärts bis man wieder die letzten Meter durch Weingärten spaziert und nach Bacharnsdorf zu Autos und Menschen zurückkehrt. Entrückt für einige Minuten aus meinem Alltag. Eingetaucht in eine Welt, in der der Mensch nur ein kleiner Punkt in der Geschichte ist. Ehrfürchtig betrachte ich die Fotos auf meinem Handy.

© Karin Sieder 2021-05-24

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