SAFTIGE ÜBERRASCHUNG

Micaela Hemesath

von Micaela Hemesath

Story

Der laue Herbstabend verführte mich, meine Studententochter aus Wien und eine Freundin, uns in der lauschigen Weinlaube meiner Terrasse, zum ›Mädelsabend‹ zu treffen. Drei Generationen im 18 Jahre Abstand, die sich austauschen über Liebe, Abenteuer, Leidenschaft und klarerweise, Männer. Wie man sich denken kann, trage ich ziemlich viel zur Unterhaltung bei! :-)) Es fließt der Champagner Rosé in Strömen. Das Gastgeschenk der Freundin, sie sitzt an der Quelle, als Chefin einer Weinfirma. Baguette, San Daniele Schinken, Parmesan und Oliven runden diesen Gaumenschmaus ab. Plötzlich fällt mir als Gastgeberin ein; ich habe keine Nachspeise. Wie konnte ich das vergessen? Blitzschnell fiel mir ein, sie hängt doch über uns.

Mit einem Grinser sage ich: „Übrigens, wenn ihr etwas Süßes zum Abschluss wollt, bitte nach oben greifen!“ Lachend schauten sie nach oben und sahen die roten, reifen, kleinen Weinträubchen hängen. Wir waren alle drei überrascht, wie süß und saftig meine Gartenlauben Gewächse schmeckten. Nicht nur, dass man total geschützt auf der Terrasse sitzen konnte, es fühlte sich auch so südländisch an. Ganz wie in der Heimat meines ersten ex Mannes in Südtirol. Dann noch dieser großartige Geschmack, als wäre ich eine Winzerin im Flachgau. Leicht beschwipst beschliessen wir morgen alles abzuernten und ich sollte doch Weintrauben Gelee daraus machen. Ja toll, eine gute Idee. (Nur habe ich in meinem langen Geschäftshausfrauendasein noch nie eingekocht, oder Marmelade gemacht.) <Musste< ich doch 15 Jahre die Welt befliegen, da war der heimische Herd immer kalt.

Mit leicht vergrößerter Kopfgröße und gewaltigem Durst und Hunger auf Saures, begannen wir den nächsten Tag erstmal mit viel Kaffee und erneutem lustigen Ratschen. Dann begannen wir die <Weinernte<. Der riesige Gartentisch, 2 auf 1,50 m war komplett bedeckt. Ein Monsterberg. Wir waren ganz überrascht von der Menge. Meine beiden Lieben verabschiedeten sich nach ausgiebiger Wäsche, alles klebte. Sie ließen mich alleine mit der reichen Ernte. Zuerst fuhr ich 50 Einmachgläser und Gelierzucker kaufen. Ahnung vom Einkochen hatte ich nur vage. Man muss die Gläser sterilisieren und man braucht gar nicht so viel von dem Zucker zu nehmen. Als abenteuerliches Wesen habe ich mich gar nicht so viel um die Genauigkeit des Vorganges >Gelee machen< gekümmert. Wird schon irgendwie gehen. Ich versank in Herumbatzen, Auspressen, klebrig werden, Saft verteilen. Kurzum: Überall Saftelte es!

Mit Vorsicht zog ich die heißen Gläser aus dem Topf, befüllte sie mit der Geliermasse und stellte sie dann auf den Kopf. Das hatte ich schon einmal gehört. Nach ausgiebigen Generalsanierungsarbeiten von Küche und Mensch, setzte ich mich in die abgeerntete Laube, höchst zufrieden mit der ungewohnten Tätigkeit. Am nächsten Tag erwarten mich 50 hübsch wohlschmeckende Weintrauben Gelee Töpfchen.

OH NEIN! Es wurde nur Saft, der ungenießbar süß war!

Foto: Timon Studler, unsplash

© Micaela Hemesath 2021-04-19

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