von Gerhard Maier
Island ist eine sagenhafte Insel im hohen Norden. Einem Steinklotz gleich dümpelt sie in der meist wilden Nordsee. Die Küsten machen einen surrealen Eindruck: schwarze Basaltblöcke, dunkelbraune erstarrte Lavafelder, Aschenstrände, dazwischen prägen weiße Schneefelder und Eisblöcke in allen Blauschattierungen das Bild.
Ein Riss geht schräg quer durch die Insel, zwei Kontinentalplatten reiben sich und lassen bei ihrem Kampf Feuer, Wasser und Luft ab. Es grollt oft dumpf, Vulkanausbrüche gibt es unregelmäßig. Der Geysir „Strokkur“ ist aber ein verlässlicher Gesell, alle paar Minuten spritzt er Heißwasserfontänen in die oft nebelverhangene Luft.
Wie Narben öffnet sich die Erde, sie zeigt dampfende Lehmfelder, qualmende Löcher. Viele heiße Quellen bieten sich zum wärmenden Bade an.
Die Wetterküche schaufelt wassergesättigte Luftmassen über das Land. Reißen die Winde ein strahlendblaues Loch in die Wolkendecke, fahren die Sonnenstrahlen wie Fingerzeige Thors auf das harte Land hinunter und bringen das helle Grün der Moose zum Leuchten.
Die Vegetation ist karg. Flechte und Moose herrschen vor, Gräser geben den Schafen und Islandpferden Nahrung. Bäume gibt es nur an wenige Stellen und wenn, dann sind sie kleinwüchsig, die kurze Vegetationsperiode lässt sie nur langsam wachsen.
Das feuchte Klima liefert Wasser genug, die Bäche und Flüsse bahnen sich wild ihren Weg zum Meer, sie bilden Kaskaden und mächtige Wasserfälle. Im Godafoss (Götter-Fall) im Norden, hat um 1000 n.Chr. der Wikingerführer Thorgeier die germanischen Götter auf „ewige Zeiten“ versenkt, um zum Christentum überzutreten. Zuvor haben die Götter der Germanen die Vorstellungswelt der Wikinger geprägt.
Im Nordosten hat Sleipnir, das achtbeinige Pferd Odins seinen Hufabdruck hinterlassen, als es bei seinem Himmelsgalopp sich auf Island abstoßen musste. Der Hufabdruck „Asbyrgi“ ist gigantisch und hat sich tief eingegraben. Am Fuße der senkrecht aufsteigenden Felswände hat sich ein See gebildet, wo Entenscharen nisten.
Nistplätze für Seevögel bieten die steilen Felswände an der Küste, die Nester werden auch von menschlichen Eierräubern geplündert. Wo die Flüsse sich ihren Weg ins Meer bahnen, liegen Robben auf den Sandbänken. Im kilometerbreiten Schwemmtal nördlich von Egilstadir bauen Bodenbrüter flächendeckend ihre Nester zwischen Steinbrocken und Flechten, im mäandernden Wasserlauf und in den Lacken schwimmen unzählige Wasservögel. Große Silhouetten tauchten aus dem Dunst auf und näherten sich neugierig aber scheu: Rentiere. Im Hintergrund glaubt man Fontänen von atmenden Walen zu erkennen.
An der Nordküste landen selten, aber immer wieder Eisbären auf Treibeisschollen an. Es ist für sie fremdes Terrain. Alte Beobachtungen sagen, dass sie ihrer ersten Beute treu bleiben. War diese ein Mensch, so wurde der Bär zum Menschenfresser.
Es ist ein wildes Land.
(Text ist der Vorspann für die sagenhafte Story „Leifgard“).
© Gerhard Maier 2020-09-29