Salveni

Eva-Maria Wagner

von Eva-Maria Wagner

Story
Niederösterreich

01.08.2023

Heute habe ich zum ersten Mal etwas von der Kalendergeschichte gehört. Als Germanistikstudentin schäme ich mich fast deswegen. Jedenfalls spuckte Google dieses wunderliche Wort aus, als ich mich über die kleinen Formen der Epik informierte. Das Erste, was eine fleißige und stets wissenschaftlich arbeitende Studentin wie ich macht, wenn sie auf einen Begriff stößt, der ihr kein Begriff ist, ist Folgendes: Wikipedia aufrufen, Schriftgröße aufblasen und sich einlesen.

Jetzt weiß ich, dass damit eine Geschichte gemeint ist, die im 17. und 18. Jahrhundert in Volkskalendern veröffentlicht wurde, daher ihr klingender Name. Neben der Bibel waren diese Kalender oft die einzige Lektüre der Menschen mit niederem Bildungshintergrund. Anders als die Bibel schienen sie aber primär zur Unterhaltung gelesen worden zu sein, wenn man bedenkt, dass Kalendergeschichten geschrieben und publiziert wurden, um den Unterhaltungswert des Volkskalenders zu erhöhen. Die Kalendergeschichte besticht vor allem durch ihren humoristischen Sprachstil, der stark an die Mündlichkeit angelehnt ist. Weiters thematisiert sie lustige Ereignisse, die im Alltagsleben gewöhnlicher Leute geschehen.

Wikipedia schlug mir vor, ich solle Kannitverstan von Johann Peter Hebel, der die Kalendergeschichte emanzipiert und aus der Abhängigkeit des Volkskalenders befreit hatte, lesen. Also rief ich die Internetseite Zeno.org auf und begann zu lesen. Besonders lang war die Geschichte nicht, sodass ich recht schnell hätte durch sein können. Allerdings blieb ich mitten in meiner Lektüre an einem Wort hängen, das ich nicht verstand. Salveni. Steht direkt vor Mausdreck. Also tat ich das, was ich in Konfrontation mit mir unbekannten Wörtern immer tat, und wandte mich an DWDS, dem stärksten Wörterbuch, das das Internet zu bieten hat, zumindest im deutschsprachigen Bereich. Zu meiner Verwunderung und Enttäuschung lieferte mir DWDS keine Antwort, hatte das Wort wohl selbst noch nie gehört. Ich klapperte noch andere Wörterbücher, zu deren Fangemeinschaft ich mich zähle, ab und scheiterte kläglich, wurde nirgendwo fündig. Daher bleib mir nichts anderes übrig, als wieder Google zu bemühen, was ich, wenn es um Begriffsdefinitionen geht, lieber vermeide. Wo landete ich dann? Auf gutefrage.net! Ausgerechnet dort, dachte ich mir, las aber, was dort stand. Salveni ist also ein bildungssprachlich-humoriger Ausdruck für „mit Verlaub“. Woher hatten sie diese Information? Ich googelte weiter und landete bei einem Schulbuch (Treffpunkt Deutsch 4). Salveni=salva venia. Verzeihung, Entschuldigung!


© Eva-Maria Wagner 2023-08-03

Genres
Romane & Erzählungen, Humor& Satire
Stimmung
Herausfordernd, Komisch, Informativ
Hashtags