San Francisco auf Russisch

Michael Schoberleitner

von Michael Schoberleitner

Story

Die Möglichkeit, spontan reisen zu können, war einer der besten Aspekte meines Au Pair Lebens. Dank meiner Gastfamilie hatte ich dazu zahlreiche Gelegenheiten. Gedacht – geplant – gebucht. Am Tag nach Weihnachten 2013 ging es los. Washington DC nach San Francisco. Es war meine dritte Reise in die Golden City innerhalb eines Jahres, eine Stadt, die mich eingesaugt hat wie keine andere zuvor.

Ich war allein unterwegs. Oftmals trifft man in den Unterkünften andere Reisende für gemeinsame Aktivitäten, zu dieser Jahreszeit war das Hostel aber fast leer. Ich machte mich also eigenständig auf den Weg. Der Abend sollte noch viel für mich bereithalten.

Ich saß in einem Pub und plante den nächsten Tag, da fielen mir die zwei Mitzwanziger neben mir an der Bar auf. Wir kamen schnell ins Gespräch. Sie waren beide aus Moskau, einer arbeitete für eine große Fluglinie, der andere war als Bankangestellter tätig. Von Seattle aus waren sie die Westküste bis nach San Diego unterwegs. Wir tranken, lachten und als es dann schon fast Mitternacht war, beschlossen wir den Abend im Diner nebenan mit einem Snack ausklingen zu lassen. Am Ende fragten sie mich, ob wir am nächsten Tag nicht zusammen etwas unternehmen wollen. Warum nicht.

Um acht Uhr Früh wartete ich in der Lobby ihres Hotels. Es sollte ein Roadtrip werden – nach Monterey und Santa Cruz. Ich weiß was jetzt alle denken – Was zum Teufel denkst du dir dabei mit Fremden ins Auto zu steigen? Eine gute Freundin formulierte es damals, wenn ich mich richtig erinnere, mit den Worten „Ich grab dich dann sicher nicht in der kalifornischen Wüste aus“. Aber naja, immerhin habe ich vor der Abfahrt die Hoteladresse und das Nummernschild an Bekannte verschickt.

Wir fuhren über Palo Alto und San Jose in Richtung Süden. Die Landschaft war großartig. Währenddessen scherzten wir und unterhielten uns über die Unterschiede zwischen Russland und Österreich. Beide waren schon in Wien und Salzburg – erfahrene Weltenbummler. In Monterey erkundeten wir die Stadt, den Strand und aßen in einem Fischlokal zu Mittag. Das Wetter hätte nicht besser sein können – für Dezember sehr warm, trotz des starken Windes.

Von Monterey aus fuhren auf dem Highway 1 an der Küste wieder nach Norden. Der nächste Stopp war Santa Cruz, nicht nur eine bekannte Studentenstadt, sondern auch eine Hochburg für Surfer. Bei Eis, Kaffee und perfektem Meeresblick ließen wir den Nachmittag am Boardwalk direkt beim Strand ausklingen. Von der Sonne geküsst machten wir uns schließlich auf den Weg zurück nach San Francisco.

Am nächsten Morgen saß ich bereits im Flugzeug nach Seattle – mein nächstes Ziel für die Silvesterfeierlichkeiten. Anfangs war ich skeptisch, meinen letzten Tag in Kalifornien mit zwei nahezu mir unbekannten Personen zu verbringen, aber es war definitiv die beste Entscheidung. Ich war eine Erfahrung reicher, und hatte nebenbei auch noch zwei neue russische Freunde, die ich einige Zeit später in Wien wiedersehen sollte.

© Michael Schoberleitner 2020-04-19

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