von Pia_Lamm
Zwei Gesten prägen den heutigen Tag – der Segen und die Fußwaschung. Ich staune immer wieder, wie oft heutzutage geflucht wird. Dabei meine ich nicht einfach nur die Schimpfwörter, sondern wie oft in Filmen und im täglichen Leben der eine den anderen wörtlich zum Teufel schickt. Solche Sprüche sind uns fast alltäglich geworden und die meisten überlegen nicht, was sie da eigentlich sagen. Vermutlich meinen sie es auch nicht so. Den Bösen kümmert es aber wenig, ob wir das nun wirklich so wörtlich und genau gemeint haben. Gerufen kommt er gerne, viel lieber als es uns lieb ist, und nützt gerne jede Möglichkeit, die wir ihm zugestehen, uns selbst oder anderen zu schaden. Sollten wir nicht stattdessen Gottes Hilfe aufrufen? „Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht!“ schreibt Paulus an die Christen in Rom (Röm 12,14). Segnen ist etwas mehr als nur gute Wünsche. Gott ist derjenige der segnet, das heißt uns seine Gnaden zukommen lässt. Wenn wir segnen, wünschen wir dem anderen nicht nur Gutes, sondern wir bitten Gott, der diese Wünsche erfüllen kann, dass Er es tun möge. Auch bei der Fußwaschung war heute sowas wie Segen dabei. Die Hospitaleros beteten für jeden von uns, dass Gott und der Heilige Jakob uns auf unserem Pilgerweg begleiten. Diese Worte stehen auch auf dem Pilgerpass. Segnen im engeren Sinne mit Handauflegen und mit Kreuz zeichnen ist allerdings an Autorität gebunden. Direkt segnen, in Vertretung Gottes sozusagen, dürfen die Priester, die Eltern ihre Kinder, die Mutter Oberin die Schwestern ihrer Kommunität und die Eheleute einander.
Die Fußwaschung an sich ist ein Ausdruck der Demut und Nächstenliebe. Mich erinnert dieser Moment aber noch an einen Vers aus dem Buch Jesaja, den ich hier wörtlich aus dem Latein übersetzen möchte: „Quam pulchri super montes pedes annuntiantis, praedicantis pacem, annuntiantis bonum, praedicantis salutem, dicentis Sion: Regnavit Deus tuus!“ – Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Boten, der Frieden verkündigt, der gute Nachricht bringt, der das Heil verkündigt, der zu Zion sagt: Dein Gott regiert! (Jes 52,7).
Der Pilger, indem er durch sein Pilgern seinen Glauben zum Ausdruck bringt, verkündet gewissermaßen die frohe Botschaft. Seine Schritte erzählen: Gott ist mächtig, Gott hilft, Er ist es wert, für Ihn etwas Mühe auf sich zu nehmen, Er erhört unser beharrliches Flehen, oder: ich bin ein Sünder und muss meine Missetaten sühnen, aber Gott ist barmherzig, Er schaut auf meinen guten Willen, auf meine Mühe und wird mir vergeben. Und die Menschen, die selbst nicht die Pilgerreise auf sich nehmen konnten, versuchten oft trotzdem daran Anteil zu haben, indem sie den Pilger ver- und gepflegt haben. Dahinter verbirgt sich neben den Barmherzigkeitswerken, die Jesus uns auferlegt hat, auch der Glaube an die Gemeinschaft der Heiligen, an unsere tiefe Verbundenheit in Christus, daran, dass die guten Taten eines von den Gliedern des mystischen Leibes Christi auch den anderen zu Gute kommen.
So spinnen sich meine Gedanken immer weiter, während ich versuche, in dem etwas zu kaltem Raum einzuschlafen. Letztendlich siegt zum Glück die Müdigkeit.
© Pia_Lamm 2024-07-23