Santa Claus und das Christkind

Sonja Runtsch-Dworzak

von Sonja Runtsch-Dworzak

Story

Auf einmal wird es hell am Himmel. Mika sieht, wie sich die Wolken teilen und ein Lichtstrahl die Dunkelheit spaltet. Leise Musik schwebt in der Bläue des Himmels, als plötzlich eine zarte Stimme zu hören ist. “Hallo Mika, endlich bist du da. Ich habe Millionen Briefe bekommen, die ich nicht alle selbst lesen kann.” Mika muss mit der Hand seine Augen vor dem Licht schützen, um zu erkennen, wer mit ihm spricht. “Ho,Ho,Ho, wer bist du?” ruft Mika mit tiefer Stimme, die nun wie eine Bassgeige klingt. “Erkennst du mich nicht? Weißt du wirklich nicht, wer ich bin?” Kurzes Schweigen, dann schlägt sich Mika mit der Hand auf die Stirn. “Mein Gott, wie töricht von mir. Entschuldige, Christkind, ist mir das peinlich, natürlich weiß ich, wer du bist.” Mika ist ganz verlegen. “Wir beide sind doch eins, du bist Santa Claus und ich bin das Christkind. Uns schreiben die Kinder Briefe, auf uns warten sie zu Weihnachten.” Das Christkind schwebt Mika auf der Himmelsleiter entgegen. Engeln tanzen auf und ab, einer spielt auf der Querflöte, ein anderer auf der Triangel und weitere Kollegen stimmen Lieder an. “Hier, mein lieber Mika, nimm die Rolle, auf der die Briefe der Kinder festgemacht sind. Die Wünsche sind federleicht, wären da nicht die Wirrköpfe, die mit aller Gewalt den Frieden stören und vernichten, was gut und richtig ist. Sie wünschen sich nichts sehnlicher als Wärme und Geborgenheit, sauberes Wasser und Nahrung und…ein Leben ohne Angst.“ Mika nimmt vorsichtig die Briefrolle entgegen. Das Christkind hat recht, die Rolle wiegt kaum etwas. “Woran denkst du?”, fragt das Christkind, als es sieht, wie Mika seine Stirn sorgenvoll in Falten legt. “Ich habe schreckliche Dinge gesehen, als ich über das Firmament fuhr. Explosionen, Weinen und beten drang durch die Wolken zu mir herauf. Menschen liefen um ihr Leben, Kinder verloren ihre Eltern und wieder andere flohen in fremde Länder in Sicherheit. Wie werden sie Weihnachten verbringen?”sagt Mika im Flüsterton. Das Christkind ist jetzt ganz nahe an Mikas Kutsche herangekommen. Es berührt geschwisterlich seine Hand und versucht, ihn zu trösten. “Mika, wenn wir beide aufhören, an die Liebe zu glauben, dann steht es um die Menschen schlecht. Du und ich, wir geben ihnen Hoffnung, zaubern ein Lachen auf ihr Gesicht und beschenken ihre Herzen mit Liebe. Vielleicht erkennen manche diese Liebe jetzt noch nicht, aber glaube mir, wer im Herzen Liebe fühlt, wird auch zum Frieden zurückkehren. Diejenigen, die heute Krieg führen, werden die Waffen niederlegen.” Erleichtert blickt Mika das Christkind an, es hat ihm eine Last von der Seele genommen. “So, Mika, und nun fahr los und bring als Santa Claus den Kindern ihre Geschenke!”- “Ho,Ho,Ho, liebes Christkind, ich beeile mich. Die Fahrt zu meiner Werkstatt dauert nicht mehr lange. Leb´ wohl, bis zum nächsten Mal!” Er winkt, knallt leise mit der Peitsche, um seine Rentiere nicht zu erschrecken, und hebt ab.

© Sonja Runtsch-Dworzak 2022-11-20

Hashtags