Sautanz bei uns daheim

Eva Filice

von Eva Filice

Story

Eine Geschäftigkeit auf unserem Bauernhof am frühen Morgen erinnerte mich an die Besonderheit des Tages. Mein Vater besprach mit Franzionkel, der Fleischhacker war, die Vorgangsweise für die Schlachtung. Mein Otata und weitere Verwandte warteten auf ihren Einsatz. In der gereinigten Futterkammer wurde im großen Kessel das Wasser zum Kochen gebracht. Auf dem großen Holztisch lagen geschliffene Messer in verschiedenen Größen bereit. Im Hof war ein Holztrog vorbereitet, davor stand ein Gestell.

Das Schreien des Schweines, das vom Stall in den angrenzenden Hof gebracht wurde, hörte ich von der Küche aus. „Wir werden gebraucht!“ Mit meiner Mama lief ich in den Hof. Das Schwein wurde von 4 Männern in den Trog gehoben und plötzlich erstarb sein Schrei. Mein Onkel hatte professionell mit einem Schnitt in der Kehle das Schwein zum Bluten gebracht. In einem Weidling wurde das Blut aufgefangen, das ich mit bloßer Hand verrühren musste, damit es nicht stockte. Diese Tätigkeit machte ich sehr ungern. Das warme schäumende Blut flößte mir ein wenig Unbehagen ein. Das Blut wurde später für die Herstellung der Blutwurst benötigt.

Mit Pech wurden die Borsten des Schweins eingerieben und sofort heißes Wasser über das leblose Tier geschüttet. Mit speziellen Schabern konnten die Borsten leicht entfernt werden. Nun folgte die schwere Arbeit des Hängens. Die mit einem Schlitz versehenen Hinterpfoten wurden auf einem großen Balken befestigt. Dieser wurde nun mit dem Gestell von mehreren Männern angehoben, sodass das Schwein mit dem Kopf nach unten hing. Sofort wurde von meinem Onkel der Bauch aufgeschnitten und die herausquellenden Gedärme in einem großen Gefäß aufgefangen. Ich drehte mich weg, denn den Anblick empfand ich schrecklich. Die Därme wurden gründlich gereinigt, gespült und desinfiziert, denn sie dienten für die Füllung der Blunzen, Presswurst und Bratwürste.

Während das Schwein fachgerecht zerlegt wurde, bereitete meine Omama bereits das Gabelfrühstück vor. Zum gerösteten Zwiebel kam die frische Schweinsleber, die im Nu fertig gekocht war. Der Tisch war gedeckt und alle durften sich mit gerösteter Leber und Salzkartoffeln als Beilage stärken.

Das Schwein wurde von Franzionkel mit einem Hackbeil zerteilt. Manche Fleischstücke waren für das Selchen, andere als Braten oder Schnitzelfleisch vorgesehen. Das Kesselfleisch verführte zum heimlichen Naschen, es wurde für die Presswurst gekocht. Für die Blunzen wurden neben Semmelwürfeln auch Gewürze der Blutmasse beigemengt. Das war die Arbeit meiner Mama. Während meine Omama und eine Tante die Därme für die Würste reinigten, durfte ich Speck schneiden. Den weißen Rückenspeck schnitt ich in 3x3cm große Würfel. Diese kamen in den sauberen Kessel zum Schmalzauslassen. Die oben schwimmenden Rückstände waren dann die köstlichen Grammeln.

Am Abend gab es dann den Sautanz. Zum Festessen mit frischen Wiener Schnitzeln und Kartoffelsalat kamen auch Verwandte. Papa kredenzte seinen Wein aus dem eigenen Keller. Ein lustiges Beisammensein nach getaner Arbeit erfreute Jung und Alt – auch ohne Tanz.

© Eva Filice 2023-01-10

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