Say my name, say my name…

Eser

von Eser

Story

Unter meinem männlichen Vornamen habe ich zwar oft gelitten, aber auf die Idee, ihn ändern zu lassen, bin ich nie gekommen. Dabei haben genau das viele Gastarbeiterkinder getan: ihren Namen geändert. Die meisten nur, um bessere Jobaussichten zu haben. Bis heute tun sich ein Thomas oder eine Julia leichter, Arbeit zu finden, als ein Mustafa oder eine Fatma. Ein paar Bekannte von mir haben tatsächlich aus Karrieregründen ihre Vornamen geändert, weil sie eben sonst keine Chance auf eine Anstellung gehabt hätten. Aus Mustafa wurde Michael, aus Elif wurde Elisabeth. Die Nachnamen sind zwar gleich geblieben, aber das ist in Österreich scheinbar halb so wild, haben doch auch viele Ur-Österreicher ausländisch klingende Namen. Ich habe auch einmal darüber nachgedacht, meinen Namen zu ändern, aber nicht lange. Ich war ohnehin schon zu viel zu sehr zwischen den Stühlen, da wollte ich nicht auch noch den letzten sichtbaren Rest meiner Identität aufgeben. Selbst dann nicht, als ich beim ORF anfing und mich einige tatsächlich fragten, ob ich mir nicht zumindest eine Art KünstlerInnennamen zulegen wolle. Ich verstand damals nicht (und verstehe es auch heute nicht), was es bringen soll. Für wen würde ich das tun? Für mich bestimmt nicht. Nur für die Zuseher:innen, damit sie sich meinem Namen leichter merken können? So kompliziert ist er auch wieder nicht. Warum sollte ich mir die Mühe antun und noch dafür Geld bezahlen, mit einem Namen zu leben, der mit meiner Identität absolut nichts zu tun hat? Außerdem bin ich ja davon überzeugt, dass mein richtiger Name in Österreich auffällt. In den heimischen Medien sind Menschen mit Migrationshintergrund ja wirklich kaum präsent. Auch der ORF bildet mit seinem Moderator:innen-Team ja nicht wirklich die Gesellschaft da draußen ab. Gut ein Viertel (!) der österreichischen Bevölkerung hat Migrationshintergrund, die Zugewanderten selbst und deren Nachkommen, die schon hier geboren sind. Und jetzt die Preisfrage: Wie viele Moderator:innen, Journalist:innen, Reporter:innen fallen Ihnen ein, die Migrationshintergrund haben?

Als ich 18 Jahre alt wurde, erreichte mein Namensdrama seinen Höhepunkt: Ich wurde zur Musterung einberufen. Ich war einer seit schockiert, andererseits musste ich lachen, denn so etwas konnte ja nur mir passieren.

Nachdem ich den Brief ignoriert hatte, kam mit der zweiten Vorladung gleichzeitig auch die Drohung: Im Falle des Nicht-Erscheinens würden sie mich mit der Militärpolizei abholen (ich hätte es darauf ankommen lassen sollen :-) ). Okay, das war klar und deutlich. Ich ging also zum befohlenen Termin in die Kaserne, schaffte es mit der Vorladung sogar an den Wachposten beim Empfang vorbei und sprach tatsächlich bei der Stellungskommission im 2. Bezirk vor. Ein Brigadier hat mich in Empfang genommen und sich wirklich höflich bei mir entschuldigt: “Das kommt nur alle 30 Jahre vor, Sie dürfen wieder gehen.” Danke, Herr Offizier! Auf Nimmerwiedersehen!

© Eser 2022-11-08

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