von Beate-Luise
Um die Jahrtausendwende plante ich mit meinem Ex, einer Freundin sowie einem befreundeten Paar eine große Tanzparty. Wir hatten Lust, jenseits der 40, mal wieder anständig und ausgiebig zu feiern. Um die Sause zu planen, trafen wir uns einmal im Monat. Wir diskutierten lange über den Vorschlag, eine Mottoparty mit entsprechender Verkleidung zu veranstalten. C & A waren strikt dagegen. Die Freundin sowie mein Ex und ich vertraten die Meinung, Verkleidung würde die Kommunikation zwischen Unbekannten erleichtern, wenn nicht gar ermöglichen. Die Mehrheit setzte sich durch. Das skurrile Motto „Bad Taste“ fiel leider durch. Meine Freundin A betonte vehement, dass sie dann nicht schön aussehe.
Gefeiert wurde dann unter „Hafen, Kiez & Co“, so konnte auch A als Dame aus dem hochpreisigen Horizontalgewerbe gut aussehen. Unsere Freundin Christine verwandelte sich kunstvoll in eine Dragqueen. Bis dahin kannte ich nicht einmal den Begriff! Ich lieh mir einen Blaumann (eine blaue Arbeiterlatzhose), kürzte die Beine auf Knielänge und nähte an die Säume schwarze Federboas. Obenrum trug ich unterm Latz eine durchsichtige schwarze Gazebluse und untenrum schwarze Netzstrümpfe.
Jeder von uns lud zwanzig Freunde, Kollegen und Bekannte ein und wir mieteten einen Veranstaltungsraum in Eimsbüttel am Rand einer Hochhaussiedlung sowie einen DJ. André war zwar teuer, aber sein Geld wert. Jeder von uns Veranstalter*innen reichte bei ihm vorab eine persönliche Playlist ein. Zur Mucke gab es einen Riesenpott Suppe, eine Käseplatte, Brot, Bier, Wein, Wasser, Sekt und Saft bis zum Umfallen.
Wenn ich an den Abend zurückdenke, fallen mir drei Dinge ein: Erstens, das mit dem Motto polarisierte stark. Viele Hamburger zeigten sich dabei sehr unlocker, also kamen sie so, wie sie immer aussahen. Einen Freund von Drag-Christine fragte ich, nur halb im Scherz, wo seine Verkleidung sei. Ganz im Ernst klappte er konspirativ das Revers seines Sackos um und zeigte wortlos auf den darunter verborgenen winzigen Silberanstecker in Form eines Segelboots. Möglicherweise ein Exempel für hanseatisches Understatement.
Wenige hatten sich so viel Mühe gemacht wie eine mir bis dahin unbekannte Frau, die zurechtgemacht war wie die Kabarettistin Marlene Jaschke aus dem Schmidt Theater. Die meisten Männer trugen Ringelshirts und / oder Matrosenmützen, die Frauen überwiegend Mini, manche Federboas dazu.
Zweitens war der kostspielige DJ im Leo-Hemd die beste Entscheidung ever. Er beherrschte sein Handwerk trefflich und spielte all unsere persönlichen Hits, verstand es aber, diese in einem Set ähnlichen Stils oder aus derselben Ära unterzubringen. So ergaben sich jeweils längere Tanzphasen. Fantastisch! Darüber hinaus konnten sich Gäste auch spontan Songs wünschen, André spielte sie. Ich tanzte fast die ganze Nacht, bis André gegen vier Uhr früh Feierabend machte.
Last but not least: Es wurde noch geraucht!
© Beate-Luise 2022-07-22