Schamhaar-Hassliebende

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von thestorycurator

Story

Egal ob im In- oder im Ausland: meine Eltern sind nackig. Daheim am Pool und im Urlaub auf dem FKK-Campingplatz. FKK heißt zu Weihnachten „Fremde Kekse Kosten“ und im Sommer „Fleischige Körper Kommentieren“. Das eine ergibt das andere. Am witzigsten sind die Leute, die obenrum nackig sind und untenrum weiße Adidas-Socken mit Badeschlapfen tragen. Am schlimmsten sind die nackigen Brotholer, deren Schniedl, die Supermarkteier berühren.

Ich finde das nackig sein eher unangenehm. Man muss immer aufpassen, wo man sich hinsetzt. Am Strand kommt Sand ins Quietscherl und auf den Steinen ist es so heiß, dass ich mir den Popo verbrenne. Außerdem haben mir die Jungs erzählt, dass Ameisen am liebsten in weiblichen Babyboxen nisten. Die Babys krabbeln dann über die Vagina in die Welt zurück. Alleine bei der Vorstellung juckt mich alles. Vielen Frauen ist das mit den Ameisen egal. Ihre Pöpsche sitzen überall. Andere treffen Sicherheitsvorkehrungen und stopfen sich etwas in die Vagina, wo am Ende ein blaues Schnürl raushängt. Ich bin mir nicht ganz sicher, für was die Schnur ist. Damit sie das Hineingestopfte rausholen können? Oder liege ich ganz falsch und es handelt sich um eine Kletterschnur für den Ameisenkrabbelwettbewerb, der die beste Ameise kürt, die dann die Babies in der erkrabbelten Box kriegt? Ich wünschte mir, Florentine wäre hier. Sie weiß solche Dinge.

Ich habe erfahren, dass man ab dreizehn, nicht mehr nackig herumlaufen muss. Man ist dann in der Pubertät und darf Bikinis tragen. Ich will dreizehn sein. Nachdem ich keinen Bikini besitze, halbiere ich Mamas Einkauf-Badeanzug mit der Nagelschere. Die soll nackig ins Geschäft gehen und sehen, wie ihr das gefällt!

Am Strand setze ich mich zu den coolen Bikini-Mädels. Sie reden über Jungs und Problemzonen und sehen mich skeptisch an. Erst als ich komisch im Bauch herumstochere (wie Mama vorm Spiegel) und das Wort Cellulite sage, bin ich eine von ihnen. Ich lerne, dass Schambehaarung so schlimm ist wie sterben und dass man sie deswegen auszupft wie Unkraut. Ich habe vierundzwanzig hellblonde Haare da unten. Ich weiß das so genau, weil Cousin Erik und ich jedes Wochenende vergleichen, wer mehr hat. Bis vor fünf Minuten war ich stolz auf den Flaum, weil er bedeutet, dass ich gewinne. Jetzt schäme ich mich dafür.

Die Mädchen machen sich ans Werk. Jedes Haar wird einzeln mit der Pinzette herausgerissen. Wie bei Dr. Bibber zupfen und zerren sie an mir herum. Geballte Fäuste und unterdrückte Schreie. Die Mädels nicken wissend und meinen: „Schönheit muss leiden.“

Ihr Werk ist grässlich. Ich sehe aus wie ein Baby. Bleibt das so? Oder wächst das nach? Muss ich jeden Tag zupfen, wenn ich cool sein will? Wenn das so ist, will ich sterben. Die Mädchen reden übers Küssen. Ich laufe zum Meer, will nicht vor den Mädels heulen – immerhin bin ich heute dreizehn und keine elf. Im Salzwasser brennt meine Haut wie Feuer.

© thestorycurator 2021-08-09

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