von Annika Höller
Ziele stecken. Mich motivieren. Dranbleiben. Allein sein. Reflektieren. Drauflos schreiben. Mit Fremden ein Gespräch anfangen. Die Perspektive wechseln. Tolerant sein. Das sind Dinge, in denen ich ganz gut bin. Doch ich habe auch ein Set an Dingen, die ich gar nicht kann. Entscheidungen treffen zum Beispiel. Erst vor ein paar Tagen ist mir das erneut klar geworden.
Ich wurde gekündigt. Kurz vor Weihnachten. Und so startete ich gleich nach Silvester eine Vorstellungs-Odyssee. Und dann: Plötzlich zwei Jobangebote. Eine Entscheidung muss her. Beide Jobs klangen machbar. Beide hatten auch ihre Tücken. Und: Keinen davon habe ich mir selbst aktiv ausgesucht, durch monatelange Recherche oder den inneren Wunsch, genau für jenes Unternehmen tätig zu werden – nein: Wird man auf einmal arbeitslos, so hat man nur jenen Pool an Jobs zur Verfügung, die just zu diesem Zeitpunkt ausgeschrieben sind. Nur das. Nichts anderes.
Was macht man also als Annika? Nun, man versucht, zunächst Abstand zu bekommen. Trinkt eine Tasse Tee. Liest ein Buch fertig. Dann geht man vor die Tür. Sucht die Lösung, ja, die Eingebung, mitten im Wald. Hat dort tausend Ideen für künftige Kurzgeschichten. Aber ansonsten bleibt es dunkel – die Erleuchtung in puncto Entscheidung will nicht aus dem Dickicht hervorkriechen. Dann wägt man ab. Skizziert Vor- und Nachteile. Spricht mit anderen. Mit solchen, denen es ähnlich geht. Aber auch mit solchen, die die Branche nicht kennen, die noch nie eine Arbeit verloren haben, die andere Werte haben, die anderen Generationen entstammen und bei denen alles stets für immer ist. Man spricht trotzdem mit ihnen. Das Gewissen will es so. Und es hält für einen Moment lang die Klappe.
Doch schon kurze Zeit später fängt es wieder zu plappern an. Konfuser denn je. Man fragt sich, wer man überhaupt ist. Und wer man überhaupt sein will. Wie das künftige Ich aussehen könnte. Und soll. Dann reist man zurück in die Vergangenheit. Was war einem früher einmal wichtig? Und zählt das überhaupt noch? Was ist aus dem damaligen Ich geworden? Warum haben sich Teile davon vertschüßt? Warum sind andere Aspekte in den Fokus gerückt? Und plötzlich findet man sich in einem Gedanken-Kaleidoskop wieder. Verwirrt. Verwundert. Lost. Und was sagt der Kopf? Was der Bauch? Nichts. Nada. Nur Stille hier.
Und so kämpft man sich durch die Stunden. Bis man es nicht mehr aushält. Und einfach eins von beiden nimmt. Egal, ich mach das jetzt so, aus, finito! Schau ma moi, dann seng mas scho.
© Annika Höller 2025-01-30