von AnonymWriter
Es gibt Tage, da denke ich, das Schicksal hat einen ziemlich schrägen Sinn für Humor. Neulich passierte mir etwas, das mir diesen Gedanken bestätigt hat.
Ich war auf dem Weg zu einem wichtigen Termin. Ein wirklich wichtiger Termin. Alles war geplant und durchdacht – bis auf die Kleinigkeit, dass ich meinen Wohnungsschlüssel verloren hatte. Natürlich nicht irgendwann, sondern genau fünf Minuten bevor ich los musste. Da stand ich also vor meiner Tür, durchsuchte meine Tasche, meine Jackentaschen, sogar die Brotdose (man weiß ja nie), doch der Schlüssel war weg. “Schicksal,” dachte ich, “warum tust du mir das an?”
Ich begann panisch, meine Schritte zurückzuverfolgen und stieß dabei auf meinen Nachbarn Herrn Berger. Er ist so jemand, der denkt, dass er das Zentrum aller Nachbarschaftsgerüchte ist – und das stimmt auch irgendwie. Also erzählte ich ihm von meinem verlorenen Schlüssel, und er sagte mit bedeutungsschwerer Stimme: „Vielleicht soll das so sein, vielleicht bewahrt das Schicksal Sie vor einem größeren Unglück.“
Ich schaute ihn an, als hätte er den Verstand verloren, aber dann musste ich lachen. Was für ein Blödsinn! Oder etwa nicht? Manchmal scheint das Schicksal wie ein schelmischer Freund zu sein, der dir ein Bein stellt, nur um zu sehen, wie du aufstehst. Vielleicht sogar, damit du einen anderen Weg einschlägst.
Da ich sowieso nicht rechtzeitig zu meinem Termin kommen würde, beschloss ich, mich auf diese kleine „schicksalhafte“ Veränderung einzulassen. Ich setzte mich auf die Treppenstufen und überlegte, was das Schicksal mir wohl sagen wollte. Und genau in diesem Moment kam mir eine ganz andere Idee in den Kopf, eine Möglichkeit, die ich vorher gar nicht bedacht hatte.
Plötzlich fühlte sich dieser verlorene Schlüssel nicht mehr wie ein Unglück an, sondern wie eine kleine Lektion. Vielleicht soll uns das Schicksal einfach nur daran erinnern, dass nicht immer alles nach Plan laufen muss, um gut zu werden. Und dass wir manchmal aus einem Missgeschick etwas Schönes machen können – wenn wir den Humor und den Mut dazu haben.
Am Ende fand ich meinen Schlüssel übrigens in meiner Jacke – in der Innentasche, in die ich ihn nie stecke. Herr Berger war ganz begeistert, als ich es ihm erzählte, und meinte: „Sehen Sie, das Schicksal wollte Sie einfach eine Pause machen lassen.“
Ob das Schicksal mich wirklich aufhalten wollte oder nicht, werde ich nie wissen. Aber was ich gelernt habe, ist, dass wir manchmal das Chaos umarmen müssen, statt dagegen anzukämpfen. Und wenn uns das Leben ein Bein stellt, dann sollten wir mit einem Lächeln wieder aufstehen.
Denn vielleicht hat das Schicksal einfach nur einen guten Witz auf Lager.
© AnonymWriter 2024-10-28