Zwei blutjunge Frauen. Die eine Frau ist die Viv. Die andere bin ich.
Viv kommt ursprünglich aus der bayerischen Landeshauptstadt München und ich aus einem kleinen Kaff, den Bergen nicht allzu fern.
Kennengelernt hatten die Viv und ich uns beim Sport. Ein paar Mal waren wir aufeinander getroffen, doch dann hatte ich es bleiben lassen mit dem Trainieren. Ich hatte einfach zu viel Arbeit.
Die Jahre verstrichen. Viv ging nach Salzburg zum Studieren. Ich ging nach Salzburg zum Arbeiten. Geblieben bin ich dann wegen meinem jetzigen Ex-Freund.
Dann war es plötzlich einmal Weihnachten. Ich saß in der Christian-Doppler Klinik bei meiner Freundin am Bett und hielt sie so fest ich konnte. Beinahe hätte ich sie erdrückt. Sie hatte gerade einen ganz scheußlichen Befund bekommen. Wir weinten.
Viv befand sich gerade in der gleichen Klinik. Auch sie besuchte jemanden. Allerdings auf einer anderen Station. Dennoch kreuzten sich unsere Wege später am Ausgang. Wir begrüßten uns und führten kurzen Smalltalk. Dann setzte eine jede von uns ihren Weg fort.
Ab diesem Treffen nun begegneten wir uns unausgemacht sehr regelmäßig in Salzburg. In Bars. In Cafés. In den Gassen. Mehr als kurzen Smalltalk führten wir nie. Schade eigentlich. Ich fand Viv irgendwie interessant.
Dann kam die Woche, in der wir beide uns auf den Weg in die deutsche Landeshauptstadt machen. Sie mit dem Flieger. Ich mit dem Zug.
Meine Freundin, mit der ich reise, war gerade in einem Museum. Ich blieb heute lieber im Freien und schaute mir die kunstvollen Graffitis in den Hackeschen Höfen an. Und gerade als ich mir Kleinkunst an einem umfunktionierten Zigarettenautomaten ziehen wollte, stand plötzlich, ganz plötzlich Viv hinter mir.
Nun waren wir uns sicher, unsere Begegnungen sind keine Zufälle. Wir gingen gemeinsam ins Café Cinema. Es soll das älteste am Hackeschen Markt sein. Bei Rotwein redeten unsere Münder, was das Zeug hielt. Wir kamen darauf, dass es unter anderem ein junger Mann ist, der unsere beider Leben vielmehr aber meines auf den Kopf gestellt hatte. Er wollte Viv, hatte sie aber nicht bekommen. Ich wollte ihn, aber er mich nicht. Dieses ehrliche und schonungslose Gespräch wird mich noch eine Zeit lang bereichern, da bin ich mir sicher. Es gibt außergewöhnlich viele spannende Parallelen in unser beider Leben. Beinahe unglaublich. Vielleicht hatte sich das Universum gedacht, wenn sie in Salzburg schon nicht wirklich miteinander reden, dann muss ich sie eben in Berlin aufeinander treffen lassen! Vielleicht öffnet ihnen das die Augen! Nach Stunden verabschiedeten wir uns. Nummern haben wir nicht getauscht, denn wir wissen, wenn es so sein soll, dann treffen wir uns wieder. Irgendwo. Vielleicht in Salzburg. Vielleicht in Barcelona. Vielleicht in Berlin. Vielleicht sonst irgendwo. Doch eines ist sicher, dieses eine Gespräch bleibt für die Ewigkeit.
(Name geändert)
© Kristina Fenninger 2022-01-29