Schiefer blaues, raues Meer

Michaela Hoehne

von Michaela Hoehne

Story

Meine Arme taten entsetzlich weh und mein einziger Gedanke war, wenn jetzt eine von uns kentert, war’s das.

Wie eigentlich immer, wenn ich mal wieder in Göteborg zu Besuch bin, machten wir eine Kajak-Tour. Es war ein windiger Tag, aber davon wollten wir uns nicht die Tour vermasseln lassen. Das an dem Tag schiefer blaue Meer war durch den Wind unruhig. Beim Verleih wurde uns erklärt, dass wir nah an der Küste bleiben und schön zwischen den ganzen kleinen Schären hindurch paddeln sollen.

Anfangs war auch alles ganz entspannt und schön, denn zwischen den Schären ist man geschützt. Wir paddelten gemütlich durch das ruhigere, klarere Wasser, vorbei an den Felseninseln in allen Grautönen, einige mit kleinen, sandigen Buchten. Als wir für unsere erste Pause aussteigen wollten, bin ich natürlich ins Wasser geplumpst, sodass ich danach unten herum ganz nass war. Halb so wild. Wir picknickten am einsamen Ufer, vor uns das Meer, über uns der Himmel. Die Wolken malten Bilder und die einzigen Geräusche waren wir und das Rauschen des Meeres. Das Leben war schön.

Aber als wir dann weiter fuhren, haben wir leider wohl den falschen Weg genommen und sind eine Felseninsel zu weit herausgefahren. Die ganzen grauen Felsen sehen einfach zu ähnlich aus, wie in einem Labyrinth. Sie sind schwer mit der Karte, die eingeschweißt vorne auf dem Kajak klemmte, zu vergleichen. Nun wehte uns der Wind stark ablandig entgegen und peitschte das Meer richtig auf. Wir kämpften uns gefühlt Millimeter für Millimeter für Millimeter vor, zurück Richtung schützender Küste.

Wir konnten die Felsenecke sehen, um die wir nur biegen müssten, um hoffentlich wieder in ruhige Gewässer zu kommen. Leider schien sie kein Stück näherzukommen. Mein nicht sehr gepumpter Bizeps schmerzte sehr. Kein Mensch war weit und breit zusehen. Ein wenig Angst machte sich breit, wir wurden ein wenig panisch. Oder zumindest wurde ich das. Bloß nicht kentern.

Aber es blieb uns ja nichts anderes übrig als einfach stoisch weiter zu paddeln. Links, rechts, links, rechts. Au, Au, Au, Au.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir endlich die ersehnte Felsenecke. Als wir es mit letzter Kraft herum geschafft hatten, wurde es sofort ruhig. Kaum noch Wind, ruhiges Wasser. Stille.

Wir peilten die erst beste Stelle zum Anlegen und Aussteigen mit letzter Kraft an. Dann ließen wir uns einfach nur total fertig und erschöpft in den Sand fallen und blieben minutenlang wie tot liegen. Shavasana.

Ich konnte meine Arme kaum noch heben. Bei dem Gedanken, dass wir nach unserer Pause noch ein ganzes Stück die Küste hoch und zurück zum Verleih paddeln müssen, wollte ich am liebsten weinen. Aber noch überwog die Dankbarkeit es zurück in das ruhigere Gewässer geschafft zu haben.

© Michaela Hoehne 2022-07-19

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