Schildkrötenalarm IM OTTAKRINGER WALD

Astrid Eishofer

von Astrid Eishofer

Story

Zuerst entdecke ich die Entenfamilie: fürsorgliche Mutter, eitler Vater, Küken beim Planschen. Sehr süß und alles ganz normal. Ein Bub wirft Brotkrümel ins Wasser. Ich weiß, das darf man eigentlich nicht, aber es sind wirklich nur wenige und er hat so eine Freude mit dem, was danach passiert. Ich übrigens auch. Die Enten zischen wie Pfitschipfeile herbei, um bloß nicht leer auszugehen. Daneben treibt ein schwarzer Ast im Wasser. Zumindest sieht es so aus.

„Schau Mama, der Ast frisst den Enten das Futter weg,“ ruft der Kleine. Mit einer Schildkröte hat keiner gerechnet. Schließlich sind wir nicht im Zoo, sondern im Ottakringer Wald am Stadtwanderweg 4a. An diesem Tümpel kurz nach dem Grillplatz an der Johann-Staud-Strasse bin ich schon gefühlte 100.000 Mal vorbei gekommen.

Hier gibt es immer etwas zu entdecken. Das Waldgebiet am Gallitzinberg ist für seine artenreiche Fauna und Flora bekannt. Vor allem die Vogelwelt beeindruckt Wanderer und Naturliebhaber immer wieder aufs Neue. Sogar ein Graureiher ist mir schon einmal vor die Linse geflogen und auch da traute ich meinen Augen kaum.

Bis zum 11. Juni 2020 war er mein persönliches Wander-Highlight im Ottakringer Wald. Dann kam die Schildkröte.

Aber woher?

Bei dieser Frage geht es nicht nur um persönliche Neugierde, sondern vor allem um das Wohl des Reptils. Deshalb wende ich mich an die Stadt Wien, Abteilung MA 60 – Veterinäramt und Tierschutz. Nach telefonischer Erstauskunft weiß man zwar, dass die Schildkröte dort lebt, allerdings nicht wie sie dorthin gekommen ist. Man werde sich aber informieren und bei mir melden.

Es handelt sich also um kein städtisches Projekt, bei der Tiere kontrolliert umgesiedelt werden. Das war nämlich mein erster Gedanke. Schließlich kommen frei lebende Schildkröten in Österreich sehr selten vor. Der Recherche nach existieren einige Exemplare in den Donau-Auen und in der Lobau. In den Blumengärten Hirschstetten wurde ein eigener Schildkrötengarten angelegt.

Mit „meiner“ haben die alle nichts zu tun.

Ich frage mich, ob sie wohl ausgesetzt wurde. Dann ein Hoffnungsschimmer: Vielleicht ist sie gar nicht alleine? Als Nächstes wieder Bedenken: Kann sie einfach dortbleiben oder muss sie gerettet werden?

All das will ich wissen. Ich bleibe dran – im Sinne der Schildkröte, weil sie eines von vielen schützenswerten Lebewesen auf unseren Planeten ist und um sicher zu gehen, ob es ihr wirklich so gut geht, wie es auf mich gewirkt hat.

© Astrid Eishofer 2020-06-15

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