Schlachtschüssel

Annemarie Baumgarten

von Annemarie Baumgarten

Story
Bad Schandau mit Ortsteilen 1978 – 1989

Dampfschiffstraße – gegenüber der Imbissstube. Man konnte dem Kellner die Schuhe beim Laufen besohlen. Oft wusste er nicht, an welchen Tisch das Essen kommt, und rief z. B.: „Wer bekommt den Gulasch mit Rotkohl?“ Hätte ein später Eingetroffener „hier“ gerufen, weil ihm gleich war, was es gab, Hauptsache überhaupt was zu essen, würden die eigentlichen Besteller vergeblich gewartet haben.

Elbhotel – für normal verdienende DDR-Bürger auf Dauer kaum bezahlbar. Auch hier war eine „Schuhbesohlung“ der Ober beim Laufen möglich. Wir waren gezwungenermaßen ein- oder zweimal da.

Café „Louis Fürnberg“ – zum gleichnamigen Heim mit Elbblick gehörend – nur nachmittags geöffnet. Viele Betriebsferienheime waren zu bestimmten Zeiten für die Öffentlichkeit zugänglich, so auch in Krippen das Erbgericht (großes, gelbes Haus, von der gegenüberliegenden Elbseite weithin sichtbar – Ferienheim VEB Zuckerkombinat Oschatz). Wir kehrten gelegentlich dort ein und saßen auch mal mit anderen Gästen im Vorraum der Gaststube bei geringer Speisenauswahl.

Wir sahen vom Quartier die Lichter der „Schönen Höhe“ im Stadtteil Ostrau. Einmal bestand das abendliche Angebot aus Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat, nachdem es geheißen hatte, mal sehen, was es gibt. Wir waren es notgedrungen zufrieden. Das Lokal sicherte sich in den späten 1980er Jahren ein Berliner Betrieb als Ferienheim. Man konnte auch auf einem schmalen, längeren Balkon speisen. Hatte man sich den Berg hinauf gequält, das ist an heißen Sommertagen wirklich anstrengend, ehe man von einem Wäldchen umgeben wird, das vor der steilsten Stelle endet, war es ein Glücksspiel, eines der Lokale im Ortsteil gastfreundlichen zu finden. Im Wäldchen waren wilde Müllablagerungen, teilweise im Bett eines zu Tal fließenden Baches. Es ging dort steil hinunter.

„Ostrauer Scheibe“ – Betriebsferienheim, teilweise öffentliches Lokal: Wir wurden dort mehrmals im Saal und in der kleinen Gaststube bedient. Abends war das zu weit. Im Herbst wird es zeitiger finster, da war es genug, von der „Schönen Höhe“ gut heim zu kommen. Einmal hatten wir im Juni Urlaub. Vati wollte da nie fahren, um Reinfälle zu vermeiden. Das Wetter hielt spitzenmäßig.

Im hinteren Teil von Ostrau sind schöne Villen, und es gab dort das Café „Berghaus“ mit verglasten Balkonen. 1978 gab es noch eine Art Kaffeehauskultur. Fotos aus dem Jahr lassen darauf schließen, dass man im Freien sitzen konnte. Später erwischten wir manchmal den Ruhetag. Ich glaube, gleich nach der Wende war geschlossen. Der Ausblick nach Krippen war früher schöner. Die inzwischen größeren Bäume erlauben an manchen Stellen kaum noch einen Durchblick. Gegenüber vom Café standen Bänke. In Ostrau wohnte der Autor Wustmann.

Der Imbiss- und Souvenirkiosk oben neben dem Fahrstuhl in Ostrau war mehr geschlossen als geöffnet. Mit Mühe und Not bekam man dort Bockwurst oder Roster mit Brot. Es war allenfalls eine Möglichkeit für Nachmittags.

© Annemarie Baumgarten 2024-05-03

Genres
Essen & Trinken
Stimmung
Hoffnungsvoll