Schlammschlacht im Regen

Marietta J. Atzmüller

von Marietta J. Atzmüller

Story

Eingezogen ins neu gebaute Haus waren wir bereits. Über den Sommer mussten wir uns mit der braunen Erdmasse rings herum zufriedengeben. Der Bagger inklusive der noch fehlenden Steinmauer zum Nachbarn war erst für Herbst angesagt. Erwähnenswert dabei ist vielleicht auch noch, dass unser Grundstück gegenüber dem Nachbarn um nicht ganz einen Meter höher lag, obwohl es nur vorläufig planiert war. Ohne der Steinmauer fehlte der Abschluss und wenn es regnete, kam es vor, dass Wasser hinunterlief.

Dann kam September – und mit ihm ein unvergesslicher Sonntagabend. Schon nachmittags konnte man fühlen, dass noch ein Unwetter kommen würde. Die Luft war dick und heiß, kein Lüftchen wehte und beim Bewegen trat der Schweiß aus allen Poren.

Wir hatten kaum unser Kind ins Bett gebracht, ging es endlich los mit dem schon direkt herbeigesehntem Regen. Noch waren wir froh darüber, auch wenn mein Partner sich nicht über das mit angekommene Gewitter freute.

Von drinnen beobachteten wir unseren Garten. Wie die ausgedörrte, rissige Erde immer nasser wurde und sich die ersten Pfützen bildeten. Dann bildeten sich bereits Verbindungsbäche zwischen ihnen. Und wir wurden nervös – es sah nicht danach aus, wie wenn der Regen bald wieder aufhören würde. Im Gegenteil, er wurde immer heftiger. Wie wenn oben in den Wolken eine Schleuse geöffnet worden wäre, stürzte das Wasser auf uns herab. Die Erde konnte diese Mengen nicht mehr aufnehmen. Überall wo es nur minimal bergab ging, rannen braune Bächlein hinab. Somit auch zu unseren Nachbarn. Auf der Ebene war ein See entstanden und zu seinem Grundstück hinüber bildete sich ein wasserfallartiger Abfluss.

Mein Partner und ich wurden aktiv – er barfuß und ohne was überzuziehen, ich in Pyjama, Laufregenjacke und an den Füßen Gummistiefel. Mit Schaufeln bewaffnet versuchten wir in dem inzwischen in eine Schlammlandschaft verwandelten Garten Gräben zu buddeln, um das Wasser vom entstandenen See in die Gegenrichtung zu leiten. Die Regenjacke war sinnlos, ich war innerhalb von Sekunden pitschnass bis auf die Haut. Auch die Gummistiefel hätte ich mir, wie mein Partner, sparen können – sie waren in kürzester Zeit bis obenhin voll mit Wasser und machten nur jeden Schritt in der matschigen Erde noch mühsamer. Doch die Zeit das zu ändern nahm ich mir nicht. Ich werkte mit der Schaufel wie besessen weiter.

Irgendwann hatten wir es geschafft, das Schlimmste zu verhindern. Der Regen wurde doch etwas weniger und wir begaben uns wieder nach drinnen. Ich war fasziniert davon, dass ich nach dem Arbeiten auf diesem Schlammfeld nicht ein bisschen schmutzig war! Der sturzflutartige Regen gab dem Matsch keine Chance, sich an unsere Körper zu haften. Alles wurde sofort wieder abgespült.

Am nächsten Morgen erfuhren wir über diverse Überflutungen von Kellern und Garagen in unserer unmittelbaren Nähe. Hätten wir nicht diese Schlammschlacht bestritten, wäre wohl auch in die Garage unseres Nachbarn Wasser eingedrungen…

© Marietta J. Atzmüller 2021-03-18

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