von Carbo
01.14 Uhr. Wach. Ein Kind holt sich den dezent schnarchenden Hund von meinen Beinen. Das dumpfe GerĂ€usch, das er macht, wenn er hochgehoben wird, hat mich geweckt. Wer ist das und was ist das Problem, frage ich in die Dunkelheit. Das Kind gibt sich namentlich zu erkennen und erklĂ€rt, der Hund werde im Kinderzimmer dringend gebraucht. Eine Spinne, die offenbar kurz nach Mitternacht nonverbal angekĂŒndigt hat, ihren Platz am Netz vor dem Fenster zu verlassen und sich im Kinderzimmer mit Ăbersiedlungsabsichten umzusehen, soll mit der dösenden Fellnase zum RĂŒckzug genötigt werden. Nicht wirklich, oder?, nuschle ich und folge der Prozession.
Aber man verschluckt im Schlaf in einem Leben im Durchschnitt drei Spinnen, erklÀrt mir das Kind. Ich will eine Grafik dazu sehen. Das Kind berichtet mir stattdessen von einem MÀdchen, das seine Zöpfe auf Anordnung der bösen Mutter, von wem auch sonst, nie entflochten hat und so eine ganze Spinnenfamilie beherbergt habe. Hat irgendein ultraböses Ende genommen. Memo an mich selbst: W-Lan entsorgen.
Die Spinne hĂ€ngt ihrerseits erschöpft im Netz und will von den gegen sie vorgebrachten VorwĂŒrfen nichts wissen. Wir schlieĂen das Fenster und Kind und Hund gehen wieder schlafen, wĂ€hrend ich wach bin, mindestens bis zum FrĂŒhstĂŒck.
Gestern hat nach Mitternacht ein Kabel geraucht und die Kinder haben irgendwas wie „Ich will nicht, dass es in meinem Zimmer brennt, nimm du es“ gesagt, als ich aufgewacht bin und mich um Kabel und Streithennen gekĂŒmmert habe. Mein Mann ist pflichtschuldig aufgesprungen, hat „Wo brennt es?“ gerufen und in der Sekunde weitergeschlafen. In der FrĂŒh wusste er von nichts. Ich hingegen war die ganze Nacht fit wie tagsĂŒber nie, um ihm in der FrĂŒh wie eine geplĂ€ttete Fliege davon berichten zu können.
Manchmal trĂ€umt der Hund schlecht, manchmal schlĂ€gt mir das Baby eine leere Milchflasche auf den Kopf und schreit: „leer“, woraufhin ich pĂ€dagogisch wertvoll „bitte nachfĂŒllen, heiĂt das“ in die Finsternis deklamiere. Manchmal ist auch gar nichts. Dann bin ich einfach wach, weil ich wach bin.
Das geht vorbei, hat eine liebe Freundin gesagt. Irgendwann kannst du wieder schlafen. Ich hab nicht danach gefragt, aber irgendwann sieht man eben so aus, dass man es dir auch ungefragt mitteilt.
Ich schlafe in der U-Bahn und beim BĂ€cker in der Warteschlange, im Kindertheater und auf Zwergerlgeburtstagen mit Prosecco in der Hand. Der Hund ist in der Hundezone im Stehen eingepennt, woraufhin die Hundezonenfreunde einen Gehirntumor diagnostiziert haben. Uns geht eine gute MĂŒtze Schlaf ab. Sonst gar nichts.
Was kann sie bloĂ gemeint haben mit irgendwann? Wenn die Kinder ausziehen? Wenn der Hund auszieht? Bleibt mir zwischen dann und einsetzender seniler Bettflucht Zeit mich auszuschlafen? Ich muss sie mal fragen, irgendwann, wenn ich nicht zu mĂŒde bin.
© Carbo 2020-08-21