Schlepptop

Berit Glaser

von Berit Glaser

Story

Eigentlich bin ich von der Sorte ‘leichtes Gepäck’. Übertragen und wortwörtlich. Meistens hab ich nur so ein Bauchtascherl quer übern Oberkörper gehängt, mit allem drin, was ich brauch. Da bin ich ein bissl stolz drauf, weil zeugt schon von guter Organisation auf knappem Raum, schließlich bin ich auch von der Sorte ‘wer weiß wo ich heute Nacht lande’, aber eitel genug, dass mans nicht erkennen soll am nächsten Tag. Seit Neuem trifft man mich allerdings mit Rucksack an. Ich bin dazu übergegangen, meinen Laptop mit mir herumzutragen. Immer. Damit ich jederzeit überall schreiben kann. Mir gefällt die Vorstellung von mir selber, wie ich, auch wenns nur kurz zwischen A und B ist, den Bildschirm aufklappe und in die Tasten haue. Weil ich einfach schreiben muss. Die geistigen Ergüsse fließen lassen. Ganz schriftstellermäßig. Ja.

Jetzt nutzt das genau gar nix, weil ich den depperten Laptop, der leider kein MacBook Air oder was äquivalent leichtes ist, nämlich niemals nirgends auspack. Komplett blockiert bin ich! Und das is jetzt extra deppert, weil ich eben nicht wie ein normaler Mensch mit Sicherheit jeden Abend nach Hause komm. Trag ich das Ladekabel also auch noch mit, alles andere wär inkonsequent. Mein Rucksack ist von Ikea, also eh stylisch, das passt schon aber dieses Gefühl von Unzulänglichkeit wird durch das getragene Gewicht gedoppelt. Ich find so Wortkreationen wie „zum Bleistift“ super lame, aber nutzt jetzt nix, hier drängt sich „Schlepptop“ einfach auf.

Dabei hätt ich schon was zu erzählen. Wie ich den Opa auf der Demenzstation besucht hab, zum Beispiel, und dann in seinem Schrank den mega vintage Citroen-Jogging-Anzug-Zweiteiler entdeckt. Ich hab ihn natürlich gefragt, aber da hat der Opa schon geschnarcht und weil der ja bettlägrig ist und nicht mehr so viel Sport macht und’s außerdem in der Familie bleibt, hab ich mich bedankt und den dann unterm Mantel raus geschmuggelt. Also den Anzug, nicht den Opa. Daheim, genauer unter die Lupe genommen, gibts da so Schildchen eingenäht, da steht ein Familienname drauf. Dem meiner Sippe ähnelt der leider nicht mal mit viel Fantasie. Hätt ich diese Story geschrieben, dann hätt ich sie vielleicht “Diebstahl auf der Demenzstation” genannt und die Frage in den Raum gestellt, ob ich den Jogger jetzt wieder zurückschmuggeln muss, oder ob’s OK is, weil die das dort längst vergessen haben.

So aber behalt ich das für mich. Was ich jetzt außerdem noch nicht weiß, ist, dass ich ohnehin demnächst eine Mini-Klapptastatur von einer Freundin geschenkt bekomme, die den Schlepptop ablöst, weil sie sich mit dem Handy verbindet. Und dann erzähl ich euch von der Demenzstation und zwar fix zwischen A und B und mit leichtem Gepäck.


© Berit Glaser 2022-04-27

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