Schloss Itter

Anna Geier

von Anna Geier

Story

Die Erinnerung an dieses Erlebnis kam mir, als ich einen Artikel über Schloss Itter im Standard las. Dieser Prachtbau wurde zum Austragungsort einer der bizarrsten Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges, die Schlacht um Schloss Itter.

Als ich das las, ploppten meine Erinnerungen auf. Das hätte schief gehen können, das wäre die Katastrophe für mich gewesen. Ich war mutig, sehr sogar um nicht zu sagen, dass ich über mich hinausgewachsen bin. Was fällt einer 17-jährigen ein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte?

Ich war in der Klosterschule und wir machten einen Schikurs in Kitzbühel. Untergebracht waren wir in einem Gasthaus in Itter. Am Abend kamen einige Angestellte des Schlossrestaurants Itter zu uns auf Besuch. Warum wohl? Es gab unschuldige Mädls in Hülle und Fülle. Wir hatten Spaß und mit mir muss der Wahnsinn durchgegangen sein. Ich verabredete mich verbotenerweise am nächsten Tag mit einem Kellner des Luxustempels. Er lud mich mittags zum Essen ein. Wie konnte ich mir das erlauben? Am nächsten Tag hatte ich Regelschmerzen und wand mich wie ein Wurm im Bett und konnte somit beim besten Willen nicht Schifahren. Der Schmäh ging durch und ich lag bedauernswert, mit der Wärmeflasche im Bett. Alle waren auf der Piste und ich war mittags im Schloss zum Luxusessen eingeladen. Geld hatte ich keines. Ich war damals eine arme Klostermaus.

Der Eintritt in diese noble Welt versetzte mich in Aufregung. Mein Kellnerschwarm kam mit einem Fotoalbum und wies mir einen Platz zu. Zuerst zeigte er mir die Bilder von Samy Davis jr. , der ein Jahr zuvor im Schloss residierte und auch andere berühmte Gäste waren dort.

Es war so protzig, so unfassbar aufregend für mich, dass ich gar nicht wusste, was ich essen sollte. Zuerst entschied ich mich für eine Erbsensuppe mit Würstl. Die Suppe löste großes Erstaunen beim Personal aus. Diese wurde mir auch serviert und damit verbrannte ich mir gleich die Zunge. Es wurde nicht einfacher. Der Schweiß stand auf der Stirn und der Hauptgang war zu wählen. Ich wusste nicht was ich bestellen sollte. Der Koch kam aus der Küche, verbeugte sich vor mir und wollte meine Wünsche aufnehmen. Als Landpomeranze war ich überfordert mit der Situation. Der Koch beugte sich ganz sanft zu mir und meinte: “ Ich könnte ihnen ein Steak empfehlen. Wollen sie es roh oder durch?“ Mein Puls erhöhte sich wieder und ich flehte ihn an:“ Ich will kein rohes Fleisch!“

Niemals zuvor aß ich ein Steak. Es wurde mit Gemüse serviert. Sehr edel sah die Speise aus. Es überforderte mich. Als ich das Steak anschnitt, trat roter Saft heraus. Ein paar Bissen würgte ich hinunter, das Gemüse schmeckte. So schnell war ich noch nie satt. Ich hatte keine Regelschmerzen mehr, dafür echte Magenschmerzen. Wieder kam der Koch um nachzufragen, warum es nicht gepasst hat. Da verließ mich mein Mut, denn ich konnte die Wahrheit nicht sagen. Die Nachspeise lehnte ich ab, bedankte mich und lief davon.

Brav lag ich im Bett, als die Mädls vom Schifahren zurückkamen.

© Anna Geier 2020-06-10