Schmerz

Robin Pflüger

von Robin Pflüger

Story

Vergangen. Tot. Einfach weg. Ich kann nicht mehr. Jeder Gedanke tut weh. Ich will nicht. Warum nur? Gestern noch saßen wir zusammen. Im Café. Wie jeden Sonntag. Heute Morgen ging ich zur Uni. Vorlesung um 10. Eine kurze Nachricht ihrer Eltern. „Sie ist tot“ Ich konnte es nicht glauben. Wollte es nicht. Ich weiß nicht mal warum. Sie war nicht beim Mittagessen, hat nicht auf meine Nachricht geantwortet. Nach dem Essen ging ich sofort zu ihr nach Hause. Klingelte. Ihre Mutter öffnete die Tür. Sie sah sehr traurig aus. Verlaufenes Make-up. Gesenkter Blick. „Ich“, begann ich, doch sie unterbrach mich sofort: „Nein … jetzt nicht. Bitte.“ Jetzt liege ich auf meinem Bett. Tränen laufen auf mein Kopfkissen. Wie ein Dorn durch meinen Bauch kommt der Schmerz. Immer wieder. Hört nie auf. Wird nie aufhören. Wird nicht besser. Nur vertrauter. Und das macht mir Angst. Ich weiß, dass ich diesen Schmerz nicht aushalten kann. Der Schmerz ist nicht omnipräsent. Kommt immer wieder. In kurzen Abständen. Immer wieder dieser Dorn. Bohrt ein Loch in meinen Körper. Mit jedem Mal etwas größer. Jeder Atemzug brennt. Ich fühle mich schwach. Ausgelaugt. Zerstört. Ein Häufchen Elend. Leidend. Auf meinem Nachttisch steht die Einladung zur Beerdigung. Eines muss man ihren Eltern lassen. Sie sind sehr schnell. Vielleicht gehe ich nicht hin. Ich möchte nicht noch mehr Schmerz spüren. Nicht noch mehr Leid. Ich habe Angst. Vor dem Schmerz. Vor dem Leid. Ich schlafe ein.

Mein Kopf pocht. Ich bin mir nicht sicher warum. Ich blinzle. Öffne die Augen. Die weiße Decke. Klar und ruhig. Ich richte mich auf. Schaue auf die Uhr auf meinem Nachttisch. Sehe die Einladung. Binnen weniger Sekunden ist der Schmerz zurück. Ich schließe die Augen. Schluchze. Es tut weh. Wieder der Dorn. Scheiße. Ich gehe ins Wohnzimmer. Setzte mich auf das Sofa. Denke nach. Ich schalte den Fernseher ein. Ablenkung. Ein verzweifelter Versuch. Etwas anderes. Weniger Schmerz. Weniger Dorn. Weniger Leere. Es hilft nicht wirklich. Nach drei Stunden RTL II bin ich wenigstens etwas abgelenkt. Aber nur etwas. Der Schmerz kommt immer wieder. Nichts hilft dagegen. Irgendwann ist man halb tot. Und dann wird es langsam besser. Bis man wieder erinnert wird. Es ist ein Kreis. Nein. Eher eine Spirale. Hinab fällt man. Hinauf muss man der Spirale folgen. Eine Höllenspirale. Ich lege mich wieder in mein Bett. Nichts kann mir jetzt helfen. Es tut weh. Wieder der Dorn. Es wird niemals richtig aufhören. Geht nicht weg. Eine Art Lebensgefährte. Der Schmerz.

© Robin Pflüger 2024-10-25

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Dark, Emotional
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