von Judith Steinbach
Ich rannte, meine Beine schmerzten und der kalte Wind schlug mir ins Gesicht, doch ich rannte weiter. Irgendwann blieb ich stehen. Meine Knie zitterten und die Tränen hinterließen eine brennende Spur auf der kalten Haut meiner Wangen. Die kalte Luft füllte meine brennenden Lungen und es fühlte sich an, als würde ich Glasscherben einatmen. Ich zitterte. Dann vibrierte mein Handy und erinnerte mich daran, dass ich gewisse Pflichten hatte, denen ich trotz allem nachkommen sollte. Meine Freundinnen machten sich Sorgen, doch im Moment war ich einfach nicht in der Lage mit irgendjemanden zu reden. Ich entsperrte mein Handy und öffnete die neuen Nachrichten, die ich bekommen hatte. „Du findest nen besseren“, war die erste Nachricht. Darauf folgte: „Er ist ein Arsch“ und darunter „Drogenjunkies sind eh scheiße!“, ich lächelte matt über die Nachrichten meiner Freundinnen und antwortete: „Danke!“, und „wir reden später“. Nachdem sie mit einem Daumenhoch reagiert hatten, drehte ich das Handy ab und ließ mich in den Schnee sinken.
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Ich zitterte, aber ich konnte nicht sagen, ob wegen der Kälte, oder wegen der Tränen, die lautlos über mein Gesicht flossen und immer wieder lautlos aufschluchzen ließen. Mein ganzer Körper bebte und meine Brust hob und senkte sich unregelmäßig. Ich wischte mir mit dem Ärmel meines Pullovers über meine Augen. Meine Finger und meine Wangen brannten vor Kälte und waren rot, meine Hose war vom Schnee schon ganz nass und klebte an mir. Ich lehnte mich an einen Baumstamm hinter mir und schloss für einen Moment meine Augen. Nach ein paar Augenblicken öffnete ich sie wieder und sah hinauf in den Nachthimmel. Meine Tränen waren getrocknet, auch wenn meine Haut immer noch brannte und mein Körper war ganz ruhig, ich zitterte nicht mehr. Tausende Sterne funkelten am Firmament und ließen den Schnee um mich herum magisch leuchten. Ich atmete tief ein und aus. Ich spürte, wie mein Herz blutete, aber es schmerzte nicht mehr so schlimm, wie vor einer halben Stunde. Noch einmal atmete ich ein und aus, während ich weiterhin den dunklen Himmel betrachtete. Das Leben geht weiter!
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© Judith Steinbach 2025-02-09