von Gerhard Maier
Columbus hat vor 500 Jahren südlich von Kuba auf einer riesigen Meeresfläche kleine Büsche, wie Setzlinge aus dem Wasser schauen sehen. Zu Ehren von Königin Isabel nannte er das Gebiet >Gärten der Königin – Jardines de la Reina<.
Von einem versunkenem Festlandsockel ragen sandige Kleinstinselchen 1-2 Meter über die Wasseroberfläche. In salzwasserverträglichen Büschen turnen rattenartige Jutias, die von Salzwasserkrokodilen gejagt werden. Alle Tiere sind Nachfahren einer Urpopulation, die vor Jahrtausenden von Kubas isoliert wurden und sich bis heute gehalten haben.
Die >Jardines del la Reina< stehen unter Naturschutz. Drei Bootsstunden vor der Küste Kubas ist ein Hausboot zwischen den Mangroven verankert. Drei Tauchboote stehen für limitierte Besucherzahlen bereit. Man kann dort Tarpune fischen, tauchen und sonst nichts.
Die Gäste, vier schwedische Burschen und wir zwei, kreuzten mit einem Tauchboot zwischen den Inseln, mit zwei Tauchgängen täglich. Dazwischen wird relaxed, zum Essen gibt es das, was im Meer ist, Fisch und Langusten. Die kubanische Crew besteht aus 2 Tauchguides, Koch und Steward.
Das Highlight für Taucher ist eine große, neugierige Population von Karibischen Riffhaien und Zitronenhaien, die an den Korallenabhängen des Festlandsockels standortreu sind. Krokodile könnte man im Seichten zwischen den Mangroveninseln antreffen, wir haben leider keines gesehen.
Jeder Tauchgang läuft gleich ab. Vom Beiboot rollt man sich rücklings ins Wasser, im Augenwinkel sieht man Haie sich davonmachen. Dann taucht man ab.
Es gibt kein gesetzliches Tiefenlimit, wir halten uns möglichst an die internationalen max 30 Meter. Der eine oder andere Abrutscher auf 40 Meter ist auch mal interessant, aber das limitiert die Tauchzeit und bringt wenig, außer Erfahrung. Guide Boris berichtet von einem russischen Taucher, dem er bis 100 Meter Tiefe gefolgt ist. Der Russe ist noch tiefer gegangen, zur Strafe hat er danach keine Pressluftflasche mehr bekommen.
Unter Wasser ist man bald von Fischschwärmen umringt, wirklich viele Haie umschwirren einen. Auch große Barracudas kann man sehen, wir hatten als Novität einen riesigen Judenfisch.
Die Haie sind so nahe, man glaubt, sie berühren zu können. Es ist auch so, wenn man schnell genug ist. Boris schnappt einen Hai an der Schwanzflosse, der verfällt in Schockstarre. Nach einer Minute schiebt Boris ihn wieder von sich, der Hai schwimmt weiter, als sei nichts gewesen.
Die Haie begleiten einen beim Auftauchen bis zur Wasseroberfläche und umkreisen wartend das Boot. Als Ritual werden sie mit Fischköpfen, Rückgrat und Gräten vom abendlichen Menü gefüttert. Wenn sie zu nahe ans Boot kommen und man sie an der Rückenflosse erwischt, verfallen sie ebenfalls in Schockstarre.
Das Verhalten wird mit einem Schutzmechanismus erklärt, weil der Fisch schwimmen muss, um atmen zu können. Kann er nicht schwimmen, schaltet er seine Grundfunktionen auf ein Minimum zurück.
© Gerhard Maier 2020-03-24