Schon vorbei und doch bevor

SchreiBHals

von SchreiBHals

Story

Jetzt ist es vorbei! Zum Glück, oder schade? Je höher mein Alter, umso größer meine Ambivalenz bezüglich Weihachten.

Mitte Dezember beobachtete ich ein etwa 5-jähriges Mädchen, das den eben gekauften Weihnachtsbaum umarmte und mit ihm fröhlich tanzte. Ich musste lächeln, während ich überlegte, wie die Eltern des Kindes, ihm die Tatsache, dass der Baum von ihnen und nicht vom Christkind gekauft wurde, wohl schmackhaft gemacht haben.

Meine böse Variante: Sie mussten keine geheimnisvolle Weihnachtsgeschichte erfinden: „Kind du willst einen Christbaum? Okay dann kaufen wir dir einen, aber tragen musst du ihn selbst.“ Bei dieser Version, hätte das Mädchen nicht mit dem Baum getanzt, sondern versucht ihn irgendwie hochzuheben und nach Hause zu schleppen.

Meine Engerl-Version: Die Eltern erfanden eine wunderschöne Geschichte, dass sie das Christkind unterstützen müssen und daher besorgen sie den Baum. Natürlich wäre diese Fabel mit Weihnachtselfen, Engerln und Sternenglitzerstaub ausgeschmückt gewesen.

Ich werde es nie erfahren, hoffe jedoch auf die Engerlstory. Bewusst wurde mir jedoch in dem Augenblick, der Knopf in meiner ambivalenten Einstellung zum Fest der Feste: Könnte ich den ganzen Dezember wieder Kind, meine Eltern wiedergeboren sein, in einem Land ohne Krieg, Armut, Terror, Hunger, Dürre und Unterdrückung leben – also z.B. in Österreich – dann würde ich Weihnachten lieben.

Als Erwachsene hingegen, mit der mir erworbenen Lebenserfahrung, die die extreme Schieflage der Welt, in der wir leben, nicht verdrängen kann, mag ich Weihnachten nicht mehr so richtig.

Was ich am Dezember auch jetzt noch mag, die Geborgenheit der Dunkelheit, ganze Nebeltage wo es nie so richtig hell wird, die Düfte des Winters, Schnee, Weihnachtskekse, Sternspritzer, Minusgrade. Und – nicht zu vergessen – Adventkalender, die liebe ich. Auch wenn meine letzten leider ein Flop waren. Voriges Jahr war es der Escape Kalender „Scrooge und die verlorene Weihnachtsgeschichte“ – die Rätsel waren mir viel zu schwer. Heuer, klüger geworden – bei der Wahl, nicht beim Rätsel lösen – griff ich zu dem Buch „Winterblütenmagie“. 24 Geschichte über Fabelwesen. Ich gab nach ein paar Tagen auf. Es war mir zu wenig fabelhaft. Zum Glück gab es eine Alternative in unserem Haushalt, den Sonnentor-Tee-Adventkalender meines Partners. Keine Sorge, ich klaute ihn nicht, sondern öffnete täglich die Teepäckchen, las Text darauf und bereite meinem Partner den Tee zu. Die Päckchen lehnte ich ihm zum Lesen an das Teehäferl. Der Text des 23. ließ in mir die Seelensonne scheinen:

„Wie die Zeit vergeht! Morgen ist schon Weihnachten.

Vor dem Fest gibt es aber noch viel zu erledigen:

Gemütlich ausschlafen,

ausgiebig frühstücken,

Schneeengel machen,

Kaminfeuer genießen,

Christbaum schmücken,

Tee trinken …

Tada statt to-do!“

Ich folgte der Anleitung in fast allen Punkten und werde sie im neuen Jahr täglich wiederholen. 365 Tage Weihnachten!

© SchreiBHals 2022-12-25

Hashtags