Schöne, neue Welt

Clara Rainer

von Clara Rainer

Story

Manchmal

sitze ich einfach nur da und denke nach.Über das Leben. Mein Leben.Bin ich besonders? Ich denke, nicht.Ich bin eine von vielen.Aber eine von vielen, die vielleicht einen Unterschied macht.

Es gab einmal eine Zeit, in der alles noch normal war. Vielleicht nicht richtig, aber normal.Da gab es zum Einen den Krieg. War normal, war ja nicht hier, bei uns.Der Klimawandel. Ach, nicht das schon wieder. Das mit den Demonstrationen und Greta Thunberg.Die Familie, Freunde, Verwandte. Und manche Menschen, die einfach nur “Kollegen” waren.

Jetzt ist es anders.Vieles ist anders.Habt ihr das Buch “schöne neue Welt” gelesen? Ich noch nicht. Irgendwann möchte ich es lesen.Vielleicht hĂ€ngt es ja mit meinem Leben zusammen. Irgendwie? Vielleicht.

Neue Welt, ja. Aber schöne Welt?Wenn ich an eine schöne Welt denke, kommen mir sofort Bilder von Blumen, Bienen, lachenden Familien und SonnenuntergĂ€ngen in den Sinn. Alle haben Spaß, die Welt ist schön, alle haben sich lieb und niemand fĂŒhlt sich ausgeschlossen oder ausgegrenzt.

Kann sein, dass es frĂŒher genauso war. Und wenn, dann habe ich es nur vergessen.Jetzt, seit diesen ganzen Krisen, kann ich das Wort “Krise” schon gar nicht mehr hören. FrĂŒher hieß das, Streit mit der besten Freundin. Oder Marmeladeflecken am T – Shirt. Oder Wachsmalkreide an der Wand.

Jetzt heißt es: Wirtschaftskrise, Inflation, Epidemie, Klimawandel, Massensterben, Globale ErwĂ€rmung, Verarmung, Krieg.Gerne wĂŒrde ich die Augen davor verschließen, aber das geht nicht.Noch so etwas, das ich in der letzten Zeit gelernt habe. Dass man nicht einfach die Augen zumachen kann, wenn einem die Situation nicht gefĂ€llt. Vor einiger Zeit ging das noch. Da konnte ich die Augen zumachen und mir die Ohren zuhalten, wenn mir der Film zu gruselig war. Oder das Buch weglegen, wenn es mir zu viel wurde.

Jetzt ist der Moment gekommen, an dem ich erkennen muss, dass es nicht mehr so ist wie frĂŒher. Ich bin kein Kind mehr. Noch bin ich kein Erwachsener. Ich bin irgendetwas dazwischen.Das macht alles viel komplizierter.

Die letzte Zeit hat mich verĂ€ndert. NatĂŒrlich kann man davon ausgehen, dass es in meinem Alter normal ist, sich zu verĂ€ndern. Aber das ist es nicht. Ich habe mich innerlich verĂ€ndert.Ich bin kĂŒhler geworden, teilweise emotionslos. KaltblĂŒtiger.Ich kann nicht behaupten, dass es mir gefĂ€llt. Ich bin nur an der VerĂ€nderung gewachsen.Jetzt ist es so. Und ich kann es nicht Ă€ndern.

Manchmal meine ich, irgendetwas lĂ€uft hier nicht richtig. Wie kann es sein, dass wir, die die Welt so zugerichtet haben, uns plötzlich nicht mehr darum kĂŒmmern? Ich glaube, ich weiß es.Es ist uns egal. Wie ein abgelegtes Stofftier auf dem Dachboden.Nur, dass das hier kein altes Stofftier ist. Es ist ernst.Und das ist es, was mir Angst macht.

Manchmal

bin ich einfach nur da.Ich sehe, höre, und nehme nicht Teil an meiner Umwelt. An meinen Mitmenschen.Und manchmal meine ich dann, ich bin doch besonders.

Weil ich vielleicht der Unterschied bin.

-14 J.

© Clara Rainer 2022-05-13

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