von Carolin Gerum
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel leichter es mir fällt Schmerzen auszuhalten als Freude.
Ich kann damit umgehen, wenn es mir das Herz zerreißt, aber pures Glück zu empfinden, das überfordert mich.
Als ich gesagt bekam, die Schwangerschaft ist retardierend und der Embryo nicht mehr da. Der Schmerz hat mich umgehauen, mich in die Knie gezwungen und mich zerrissen. Immer und immer wieder. Ich saß in meinem Auto in der Tiefgarage der Praxis und schrie und schluchzte in meinen Schal. Und gleichzeitig war ich erleichtert. Weil das kenne ich. Damit kann ich umgehen.
Der schlimmste Fall ist eingetreten und ich lebe noch. Ich funktioniere wunderbar. Gehe zur Arbeit, bin freundlich und lächle vielleicht etwas weniger herzlich wie sonst. Als meine Ärztin fragt wie es mir geht und ich ehrlich antworte; miserabel, meint sie nu; so sehen sie gar nicht aus!
Ich weiß. Ich bin eine Meisterin darin. In mir zerbricht eine Welt, aber keiner sieht es. Denn keiner will es sehen. Alle wollen nur aufmuntern. Doch das, was in dem Moment gebraucht wird, sind keine flotten Kalendersprüche und ein, naja immerhin weißt du jetzt du kannst schwanger werden.
Was es braucht, ist ein, Scheiße! Eine ehrliche Umarmung und keine Angst davor, wenn geweint wird. Es braucht jemanden der mit dir spazieren geht, ohne etwas zu sagen. Der dir essen macht und einen Tee. Jemand der einfach da ist und dir Gesellschaft leistet in deinem Schmerz und deiner Trauer.
Denn sie ist da und sie ist rau und sie ist echt. Dein Körper hat sich verändert. Du hast gespürt da wächst etwas in dir, so winzig klein und doch ist es da. Eine zarte Präsenz. Ein inneres Leuchten. Und auf einmal ist es weg, doch der Körper braucht Zeit um das zu realisieren. Die Seele braucht Zeit. Bis beide bereit sind, Abschied zu nehmen und loslassen können.
Die Schönheit liegt im Schmerz. Doch wer bestimmt wie du ihn fühlen darfst?
© Carolin Gerum 2024-12-20