Schönstes Baby auf der ganzen Welt !

Grelle Lichter über mir. Jemand stülpt mir eine Maske über das Gesicht und fordert mich zum Zählen auf. Es wird finster.

Ich verspüre stechende Schmerzen im Unterleib. Immer wieder höre ich Fragmente einer Unterhaltung: “ Riesenbaby… 4kg 50“… zarte Frau . Ich kann mich nicht rühren, aber denken kann ich. „4kg 50“?? Ein Baby hat bei der Geburt zwischen 2, 5- 3,5 kg habe ich in einem Babybuch gelesen.

„Schnell, zunähen“ sie bewegt sich schon.“ Ich triefte wieder weg.

Ich liege auf dem Rücken und Sandsäcke auf meinem Bauch. Eine Flüssigkeit bahnt sich den Weg von einer Infusion in meinen Unterarm. Stille umgibt mich. Der Raum ist abgedunkelt. Geräte piepsen. Eine Wanduhr tickt vor sich hin. Ich beobachte die Uhr. Nach gefühlten fünf Stunden öffnet sich die Tür und eine Schwester kommt herein. “Kann ich mein Baby sehen“ sage ich. „Nein, das geht nicht. Sie sind hier auf der Intensivstation und ihr Baby liegt auf der Geburtenstation„ meint sie ganz beiläufig. „Wie geht es meinem Baby, ich möchte mein Baby sehen“ flehe ich. „Wenn sie unbedingt wollen, kann ich später mal nachsehen und ihnen Bescheid sagen“.

Als die Schwester den Raum verlässt, fange ich bitterlich an zu weinen. Jetzt fällt mir wieder ein, was ich im Kreissaal gehört hatte. “ Riesenbaby….„4kg50…außerhalb der Norm…“ Mit meinem Baby stimmt also etwas nicht… „ein Monster… behindert.. mich haben sie hier her verfrachtet, damit ich nicht sehen kann, was ich nicht sehen soll.„ schießt es mir durch den Kopf. Ich bin fix und fertig und heule die ganze Nacht durch.

Am nächsten Morgen werde ich auf die Geburtenstation verlegt. Mein Baby wird angeblich gerade vom Kinderarzt untersucht.
Es ist schon gegen Mittag als die Schwester im Türrahmen steht. Sie hat ein Baby im Arm. Hastig schwenke ich meinen Blick durch das Zimmer. Meine Zimmergenossinnen haben gerade ihre Babys bei sich. (Worum ich sie rotzend beneide..)

Ich starre die Schwester an.“Ist das jetzt … Meins.“ gluckse ich. Die Schwester schmunzelt und legt mir das Baby in die Arme, die ich ihr entgegen strecke.

Ein Bub, 4,05kg, 50cm kurz. Er hat dunkle, zerzauste Haare, braune Kulleraugen und sieht ganz verknuddelt aus. Aber das alles habe ich nur flüchtig wahrgenommen. Sein Körper ist durch eine Babydecke verhüllt. Ich decke mein Baby ab. Mit seinem blau-gelb gestreiften Strampler erinnert er mich unwillkürlich an Biene Maja“. Überglücklich nehme ich 2 Beinchen und 2 Händchen wahr. Ich taste mit meinen Fingern nach den Zehen. Zuerst links, dann rechts. „1, 2, 3, 4, 5“… alle Zehen da. Zähle die Fingerchen…inspiziere die Ohren und die Nase ganz genau. Dann drücke ich Baby ganz fest an mich und heule wie ein Schlosshund. Ich kann es gar nicht glauben. Mein Baby ist vollkommen.

„Willkommen Philipp, schönstes Baby der Welt !“