Schreiben in Corona Zeiten

Lina Pflugk

von Lina Pflugk

Story

Die Regentropfen prasseln ernergisch gegen die Fensterscheibe. So wie das Wetter draußen, ist auch meine Laune. Ich habe keine Lust mehr auf Corona. Worte wie Sicherheitsabstand, Masken und Spazierengehen kann ich nicht mehr hören. Corona ist wie eine schlecht Wetter Wolke die ĂŒber einem hĂ€ngt, einen in ihren dichten kalten Nebel einhĂŒllt, einem die Sicht nimmt und seit Wochen nicht weiterziehen möchte. Corona ist wie ein GewĂŒrz, das ich nicht mag und allem, was ich tue einen faden Beigeschmack gibt. Ich habe mich damit abgefunden, dass alles gerade so ist wie es ist. Dachte ich zumindest. Dann war ich unter coronistischen Bedingungen einkaufen und es hat mich wieder kalt erwischt. Das beschwingte GefĂŒhl nach dem Aufstehen war weg. Ich will nicht mehr ĂŒber Corona reden, lande aber immer wieder bei diesem Thema. Als ich wieder zu Hause bin brauche ich lange, um dieses komische GefĂŒhl, das sich beim Einkaufen unangenehm an mich geheftet hat, wieder loszuwerden. In so einem Moment hilft es mir auch nicht nach dem Positiven an dieser Situation zu suchen. Jetzt sitze ich also da und schaue mies gelaunt den Regentropfen zu und habe auf nichts Lust. Das Einzige worauf ich gerade Lust habe, ist darĂŒber zu jammern, dass alles wieder anders werden soll. WĂ€hrend ich den Regentropfen zuschaue höre ich meinen Gedanken zu. Seit Corona angefangen hat schreibe ich so viel wie noch nie und ich merke, was das Schreiben mit mir macht. Es holt mich ganz in den Moment. Ich nehme das was ich tue und denke, bewusster wahr. Das Suchen nach Worten hĂŒllt mich in eine Blase der Wahrnehmung in der meine Sinne geschĂ€rft werden. Schreiben hilft mir Worte zu finden, wenn ich sprachlos bin. Schreiben hilft mir meine GefĂŒhle zu benennen und auch wieder loszulassen, wenn sie sich hartnĂ€ckig an mich geheftet haben. Schreiben ist eines der wenigen Dinge die ich immer machen kann. Auch wenn ich schlecht gelaunt bin. Mit dem Nachsinnen ĂŒber das Schreiben, ist der frustrierende Einkauf in die Ferne gerĂŒckt. Von all den Gedanken ĂŒber das Schreiben inspiriert greife ich zu Stift und Papier. Mein Stift beginnt wie von selbst zu schreiben, er ist wie ein Trichter der aus all den wirren Gedanken, Worten und Ideen SĂ€tze formt. Nach einer Stunde lege ich den Stift zu Seite und fĂŒhle mich frei und leicht, das komische GefĂŒhl ist verschwunden. Ich hatte das nĂ€chste Kapitel in meinem Buch geschrieben, ein Kapitel indem ich noch mehr ĂŒber mich erfahren habe, ganz im Sinne von Max Frisch’s „Schreiben heißt sich selber lesen“. Mein Kopf ist nun wieder klar und voll von Ideen auf die ich Lust habe. Das Schreiben hat mir geholfen den Kopf mit all dem negativen Gedanken- und GefĂŒhlsnebel zu leeren und ihn wieder mit Ideen zu fĂŒllen. FĂŒr heute war ich den faden Beigeschmack und die dunkle Regenwolke wieder losgeworden. Sie werden wieder kommen, das ist mir klar. Umso schöner ist es, dass es auch immer wieder diese kleinen aber feinen Momente gibt, in denen ich etwas finde was mir wieder neuen Mut macht.

© Lina Pflugk 2020-05-03

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