Schreibhaft par excellence

*<Tag-1-MI>* Für eine leidenschaftlich Schreibende, wie ich es bin, ist das Experiment, das ich mir selbst auferlegt habe, kaum auszuhalten, doch ich lasse mich heute darauf ein, jeden Tag nur einen am Ende mit einem Schlusszeichen begrenzten Satz zu schreiben, bis meine Story ihre Zeichengrenze erreicht hat und das mit der Auflage, den Satz vom Vortag nicht noch einmal abzuändern.

*<Tag-2-DO>* Heute muss ich gestehen, dass ich keine Ahnung habe, wo mich dieser Text hinführen wird, denn er ähnelt dem täglichen Essen, von dem ich auch nicht genau weiß, wie ich die daraus entstehenden Energien je und je einsetzen werde und wie ich damit die Welt verändere, und sei es nur mit winzigen kreativen Verschiebungen im Hier und Jetzt.

*<Tag-3-FR>* Setze ich an oder schreibe ich mich frei, und zwar so frei, wie es mir in dieser selbst gewählten Schreibzelle möglich ist, ohne mich mit den vorherigen Sätzen nochmal auseinanderzusetzen?, frage ich mich heute leicht entnervt, weil ich alle anderen bereits erwogenen Gedanken der Satzgrenze wegen schon wieder fallenlassen muss.

*<Tag-4-SA>* Würde ich schreiben wie Zsuzsa Bánk, die Autorin, die mit einem Satz ganze Seiten füllen kann, dann würde ich heute noch fertig werden, doch – will ich das überhaupt?

*<Tag-5-SO>* Heute mag ich mich nicht an mein Vorangeschriebenes fesseln, sondern möchte lieber meinen Jubel darüber zum Ausdruck bringen, dass der Himmel in einheitlichem Pastellblau zum Fenster hereinleuchtet und ich mich auf einen Winterspaziergang bei strahlendem Sonnenschein freue, was mir bewusst macht, dass man sich auch in einer Schreibgefängniszelle damit abfinden kann, dass das Schreiben nur eines einzigen Satzes am Tag erlaubt ist.

*<Tag-6-MO>* Interessant finde ich gerade den Gedanken, dass ich mich um so schneller aus dieser Schreibenge entlassen kann, je länger meine Sätze werden und deswegen … stopp … es ist noch Sonntag … und ich habe gemogelt … Mist – Schreibsperre für Montag (in der Hoffnung, dass es die Aufsicht nicht gemerkt hat – 😛hat’se ja doch)!!!

*<Tag-6-MO>* SPERRE!!!

*<Tag-7-DI>* Ich gebe zu, dass ich schon auf die Vorschau schiele, wann endlich meine „Schreibhaft“ endet, wobei ich ja nicht wirklich schreibgegeißelt bin, da ich in anderen Räumen (= neuen Storys) mich nach Lust und Laune austoben kann, indem ich mich als freie Parallelautorin 😛 betätige.

*<Tag-8-MI>* Frohlockend schaue ich zur Tür, die mir meine Freiheit verspricht, während ich feststelle, dass ich so unfrei in meinem eigenen Schreibgefängnis ja gar nicht bin, kann ich mir doch die Zeit des Aufenthalts durch das Verlängern von Sätzen auf raffinierte Weise verkürzen, will mir heute aber fürs Finale noch Platz lassen für einen abschließenden Satz.

*<Tag-9-MI>* Yepp, Endspurt, heute befreie ich mich aus meinem Storygefängnis! 😛😉