Schritt 8-Wiedergutmachung Teil I

Tristan Moeller

von Tristan Moeller

Story

Wiedergutmachen… Ein komisches Wort für ein komisches Ziel- etwas wieder gut machen, kann man per Definition ja nur, wenn es einmal diesen Zustand für sich beanspruchte. Etwas das noch nie “gut” war, wird es auch nie wieder sein… Aber das Leben ist kurz, mit solchen Details sollte man sich beschäftigen, wenn man noch viel Zeit hat oder diese nicht zu schätzen weiß.

Ohne die Hilfe der Gruppe hätte ich es nie geschafft- wie Sherpas die anderen halfen den Mount Everest zu erklimmen. Ihre Ressourcen und Habseligkeiten den Berg hochzuhieven, während jene nur ihr eigenes Gewicht zu tragen hatten. Mein Gipfel war kleiner aber meine persönliche Herausforderung ums unendliche höher. Auch mir drohte die Luft auszugehen, je näher ich der Spitze kam. Dass ich es bis hierher schaffte, ist ein Wunder an sich, aber die gibt es laut Katja Ebstein immer wieder. Nicht in meinem Album. Ich soll meine Gedanken formulieren, aus Respekt ihnen gegenüber verkrampfe ich mein Gehirn, lasse Neuronen aufeinander prallen und in einem großen Knall neues erschaffen. Die nächsten Zeilen sind das Ergebnis hiervon.

Vater: Ich hatte dich immer ohne Respekt behandelt, weil du deine Frau immer mit zu viel davon gesegnet hast. Deine Schwäche war ihre Stärke, es war eine in Chaos versinkende Wippe, das pure Ungleichgewicht und du saßt immer am oberen Ende. Sie nahm dir was du vielleicht nie besessen hast, deine Würde. Ich zumindest hatte niemals auch nur eine blasse Erinnerung daran gehabt oder an ein anderes Adjektiv welches diesem nahekommt. Du warst nichts weiter als ein geprügelter Köter, Kopf gesenkt und dein Selbst verleumdend. Ich kann nur erraten, wo du heute bist, wie es dir geht, nur eine Sache ist für mich klar, und zwar wie wenig es mich kümmert.

Kind: Deine Mutter hatte und hat auch jetzt nur das beste für dich im Sinn. Wenn du diese Zeilen jemals zu Gesicht bekommst und dir denkst, ein Leben ohne mich ist unmöglich, glaube mir, wenn ich dir unbekannterweise sage, dass eines mit mir noch viel surrealer für dich wäre. Alles ist so gekommen wie es kommen musste und während du für viele ein Fixstern im Universum bist, hoffe ich eines Tages ein Trabant in deiner Umlaufbahn sein zu dürfen. Die Zeit ist aber noch nicht reif, selbst ob es “die Zeit” jemals geben wird, ist ungewiss. Ich kenne dich nicht gut genug, um dir zu sagen, wie ich alles was ich getan oder unterlassen habe wiedergutmachen kann- ich kann nur versprechen, dass ich versuchen werde es zu versuchen.

Mutter meines Kindes: du hattest länger durchgehalten als die meisten und dafür bewundere ich dich. Auch wenn vieles was wir gemeinsam erlebt haben, keine guten Erinnerungen hinterlässt, ist wenigstens das, was wir zusammen erschaffen haben, das großartigste der Welt. Das sagt mir jeder, woher sollte ich es auch Wissen? Ein Kind das man vom Hörensagen kennt- im Nachhinein war die Flucht gut und richtig, um Unschuld nicht zur Last werden zu lassen.

Mutter: Keine Zeile und kein Wort werde ich an dich verschwenden.

© Tristan Moeller 2021-06-20

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