Schuld war der Herr Pfarrer!

Gertrud Scherz

von Gertrud Scherz

Story

Dass ihr mir ja alles beichtet! Worte zur Vorbereitung, Gewissen erforschen vor der Weihnachtsbeichte, die wie jedes Jahr in der nahe gelegenen Kirche zur Volksschule stattfand. Viel Zeit hatten wir nicht, denn die anschließende Generalprobe für das allseits beliebte Weihnachtsspiel der vierten Klasse hatte auch planmäßig über die Bühne zu gehen. Bald würde ich mich wieder darauf freuen können, aber vorerst beschlich mich die Angst, die sich schon vor der ersten Beichte in mir breit gemacht hatte. Nicht genug Gewissen erforscht, nicht genug bereuen und zu wenig Buße tun, quälte meine Gedanken. Sagte doch der Herr Pfarrer, treffe nur einer dieser Punkte zu und man nehme trotzdem die Kommunion, wird uns der Teufel sicher finden!

Andere Kinder nahmen das Gesagte nicht so tragisch. Meistens waren diese auch schnell mit der auferlegten Buße fertig und durften gehen. Aber ich war wieder die Letzte und Herbert der Letzte. Ein Freund, in Schule und Freizeit zusammen! War er doch der Nachbarsjunge im gleichen Alter wie ich.

Nun war es soweit (dass ihr mir ja alles beichtet!) und das „Weiter, Weiter, Weiter“ des Herrn Pfarrers ließ mich der Reihe nach alle zehn Gebote gestehen. Fast alle! Töten und Stehlen brachte ich doch nicht über die Lippen! Abschließend, ich habe gelogen, brachte mir die Buße von einem Vaterunser vor jedem Bild des Kreuzweges.

Sogar Herbert hatte mich überholt! Er wollte mich überreden zu kürzen, da wir ja sonst zur Probe des Krippenspiels zu spät kommen könnten. Immerhin hatte er gleich zu Anfang eine wichtige Rolle: Weit von draußen komm‘ ich her! Endlich war mein Gewissen ganz rein und die Kirchentüre fest verschlossen!

Hier vergessen! Das Leiden der Heiligen, von Lanzen durchbohrt, Jesus mit seinem blutenden Haupt unter der Dornenkrone und Marias trauriger Blick fielen mit Gewalt in unser Gemüt.

Die ganze Schule war schon in Aufregung und Erwachsene suchten sogar in der nahen Au der vorbeiziehenden Donau.

Schuld war der Herr Pfarrer, das ganze Dorf wegen der ungewöhnlichen Zeit in Aufregung gebracht zu haben, denn nun hängten wir uns wie Afferl auf die Kirchenglockenseile und ließen die Glocke heller als zu ihrer Wiederkehr zu Ostern erklingen. Dazu brauchte man viel Kraft und auch zu zweit hatten wir zu tun, den Boden immer wieder zu erreichen, nachdem uns der Glockenklang zu sich hinauf nehmen wollte!

Und plötzlich hatten wir Spaß in dieser Mördergrube! Der Herr Pfarrer war schuld, wenn dies auch eine Sünde war!

© Gertrud Scherz 2020-12-04