Schumann Resonanz

Leonie Winkler

von Leonie Winkler

Story
im April

Einst war ich glĂŒcklich im Rennen mit mir. Die Suche nach der großen Wahrheit gab mir Sinn. Ich wollte die Welt verstehen und meine Forschung fĂŒhrte mich ins All. Das ganz Große verstehen, um im Kleinen Frieden zu finden. Ich beobachtete wie SonnenstĂŒrme Polarlichter zum Leuchten brachten und Sterne in ein großes Nichts implodierten. Fasziniert von Eisplaneten und Neutronensternen.

Eigentlich suchte ich aber immer nur eins. Wachsam hielt ich Ausschau nach mehr. Nach jemandem wie mich. Oder wie du sagen wĂŒrdest: nach Parasiten.
Prometheus war nicht gut zu uns. Zu lange habe ich den Blick nach oben gerichtet und vergessen, was um uns herum geschieht. Es ist, als hĂ€tte ich nicht hingesehen, wie wir auf Klippen stranden. War es dein stummer Schrei, der alles zerbarst? Eine Bestie, die zu lange tief im Inneren saß? Verspeist du mich jetzt wie eine leblose Farce?

Nun liege ich hier von Stunden-Wochen gelĂ€hmt. Ein grausamer Alltag hĂ€lt mich stets auf Trab. Ich lĂ€chele und spiele, mache den Abwasch und fĂŒhre den Hund aus. Ein Leben, wie in einer Simulation. Ein Zirkel, der nur Reaktion auf Obligation umfasst. Ein Spiel, auf das man wie aus dem Nichts keine Lust mehr hat. Wie lang hĂ€tte das so noch weitergehen können? Wie lange hĂ€tten wir schweigend nebeneinanderher gekĂ€mpft?

Wir sind schon lange nicht mehr glĂŒcklich. Kein Leben im Einklang. Es ist, als hĂ€tten wir uns schon vor Jahrhunderten entfremdet und fĂŒhrten seitdem eine toxische Beziehung. Ich bin nur ein Kind im Körper eines erwachsenen Menschen, das deine GĂŒte ausbeutet und um deine Hilfe buhlt. Ein Narzisst, der dich mit Charme einwickelt, deine GefĂŒhle durchschaut, um sie im passenden Moment gegen dich zu verwenden. Ich sehe das jetzt. Ich mache dich krank. Du brauchst mich nicht. Du bist die einzige von uns, die ĂŒberleben wird.

Wenn du nur wĂŒsstest, wie mĂ€chtig du bist! Mit aller Kraft wollte ich dich bĂ€ndigen. Aber du bist wild, ursprĂŒnglich und numinos. Sag, ist es schon zu spĂ€t fĂŒr uns? Gibst du uns noch eine Chance?

Dein Herzschlag gerĂ€t außer Kontrolle. Du beginnst dich zu wehren. Gegen mich.

Wenn der Herzschlag der Welt,
Wie ein Kaleidoskop zerfÀllt,
Merk Dir, traurig ist besser als leer. 
Mir zu glauben fĂ€llt dir schwer? 

Wir schwingen alle im selben Boot, 
Sind ertrinkende Seefahrer in Not.
Die Kompassnadel ist falsch kalibriert.
SpĂŒrst Du, wie der Boden unter uns vibriert? 

Ein Piratenfluch sucht sein Leichentuch. 
Vertrau mir, ich weiß, was ich sage, 
Weil ich zu lange Taubheit in mir trage.

Der Untergang dauert nicht mehr lang,
Wenn der Herzschlag der Welt,
Wie ein Kaleidoskop zerfĂ€llt. 

© Leonie Winkler 2023-08-30

Genres
Romane & ErzÀhlungen
Stimmung
Herausfordernd, Reflektierend
Hashtags