von Sabine Benedukt
Bald fahren wir wieder ins Ausseerland, an den Grundlsee. Ich freue mich das ganze Jahr darauf, weil es für mich eine Traumlandschaft ist. Diesmal ist es keine Sommerfrische, sondern es wird wahrscheinlich eher ein frischer Herbst werden, aber das ging leider nicht anders.
Ich habe einmal einen wundervollen Satz über die Gegend gehört: „Bei uns is schee, a wanns schiach is. Woanders is a schiach, wanns schee is.“ Also mache ich mir wegen des herbstlichen Termins und dem Wetter mal keine Sorgen. Der Herbst zaubert oft noch herrliche Tage, dann ist die Landschaft doppelt so schön, weil sie sich im ruhigen Wasser des Sees spiegelt.
Wenn wir Glück haben steht vor unserem Lieblingswirtshaus auf der Tafel, auf der immer die speziellen Tagesgerichte stehen, „Schwarzbeernockerl“ als Nachspeise. Ich würde sie beschreiben als Heidelbeeren, gebacken in Palatschinkenteig. Bei unserem letzten Besuch hab ich mit der Kellnerin darüber gesprochen, wie sehr mir die Schwarzbeernockerl schmecken, und dass es bei uns zwar Heidelbeeren zu kaufen gibt, die aber nicht im Entferntesten so schmecken wie die, die im Wald gepflückt wurden, so wie hier. Und die Kellnerin meinte darauf: „Goins, vo de wird ma ja ned a moi richtig blau“. Also doch Blaubeeren?
Der Satz hat mich an meine Kindheit erinnert. Ich habe in den Sommerferien viel Zeit im Odenwald bei der Verwandtschaft verbracht. Und meine Großkusine und ich waren oft allein im Wald unterwegs, wir gingen „in die Heidelbeeren“. Es war für mich eine sehr unbeschwerte Zeit, weil wir unter der Aufsicht meiner Tante waren, sie war zugleich die Oma meiner Großkusine. Und Omas (auch Tanten) sind ja meist sehr, sehr lieb und gutmütig, genau wie sie. Und nach so einem Tag im Wald waren wir tatsächlich blau – um den Mund und auf den Fingern, ja das Blau färbte bis auf die Unterhose ab, weil wir uns oft richtig in die Heidelbeeren hinein gesetzt haben, zum Naschen. Wir sollten allerdings auch immer eine alte Milchkanne, mit einem Liter Fassungsvermögen voll Heidelbeeren nach Hause bringen. Wer das schon mal gemacht hat weiß, dass das eine sehr langwierige Sache sein kann, weil die Beeren ja sehr klein sind.
Aber als Belohnung hat meine Tante einen Heidelbeerkuchen gemacht, so wie nur sie es konnte: ein „Hefeteig“ (ich würde ja Germteig sagen), der ganz dicht mit Heidelbeeren belegt war. Bevor sie ihn in ganz große, lange Stücke geschnitten hat, die so schwer waren, dass man sie mit zwei Händen halten musste, wurde dieses Wunder noch dick mit Puderzucker bestreut (man kann auch Staubzucker nehmen). Und natürlich wurde man blau davon.
Darum freu ich mich schon – auf Schwarzbeernockerl.
© Sabine Benedukt 2022-09-03