Schwarzblauer Käfer

Margot Lamers-Zigan

von Margot Lamers-Zigan

Story


Auf der Mauer, auf der Lauer, sitzt ne kleine
Wann
hat der schleichende Prozess der Verachtung begonnen?

Mit sechs, acht, tausend Füßen möchte ich diesem facettenreichen Blick entkommen, unter dem ich mich schon viel zu lange abstoßend und widerlich fühle.

Wen klage ich an für mein elendes Schicksal? Ich selbst habe mich im Netz der Liebeslügen verstrickt. Die Flügel verklebt von honigsüßen Lockungen vergangener Tage, zappele ich hilflos auf dem Rücken, taugliches Opfer Deiner sadistischen Spielereien. 

Ein Schmetterling war ich, schön und frei. 
Voller Pläne und Neugier. 
Mit Dir an meiner Seite wollte ich die Welt erobern. Jetzt sitze ich hier, das Heimchen am Herd. Höhnisch lachst Du mich aus, nennst mich Geschmeiß und Schlimmeres.

Rümpfst angeekelt die Nase und fächelst Dir Luft zu, wedelst mich fort wie ein lästiges Insekt. Der stechende Geruch meiner schweißnassen Angst stößt Dich ab und erregt Dich zugleich. 

Schlägst Du mich, stelle ich mich tot. 
Berührst Du mich, pinkle ich mich ein. 
Wehre mich mit übel riechendem Sekret, das noch lange an Dir haften soll. 
Wie die Schande, die Du über mich bringst.
Dein Gift dagegen sammle ich in mir.

Der Mikrokosmos unserer traurigen Ehe hält mich gefangen. Wie unter Glas, sichtbar für die Außenwelt, doch unerreichbar für Freunde und Familie. Versuche ich zu entkommen, stoße ich bald schon an gläserne Wände. Unzerstörbar wie Panzerglas. Der Sauerstoff wird knapp und meine Bewegungen langsamer. 

Wie in Zeitlupe krieche ich meinen Grenzen entgegen. Da ist immer noch Hoffnung in mir.
Verschlagenheit blitzt in Deinen Augen, während Du mich studierst wie einen seltenen Käfer. Dabei bist Du der Wirbellose von uns beiden, derjenige ohne Rückgrat.

Du nennst mich spöttisch Lästling, denkst, dass ich Dir keinen Schaden zufügen kann. Doch nimm Dich in Acht. Du bist der Schädling. Lausig und unerwünscht. Und eines nicht allzu fernen Tages werde ich die Nadel, mit der Du mich durchbohrt hast, aus meinem Leibe ziehen und gegen Dich richten. Werde mich nicht länger von Deinem hypnotischen Blick aufspießen lassen. 
Mir bleibt nicht mehr viel Zeit und ich habe nichts zu verlieren. Verschluckst Du mich, gehen wir gemeinsam unter. 

Hüte Dich. 

Ich sammle mein Gift ganz allein für Dich. 

Fürchte Dich. 

Wir sind viele und kommen über euch.

© Margot Lamers-Zigan 2024-03-14

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Dunkel, Angespannt
Hashtags