Wenige Monate vor ihrem nächsten runden Geburtstag sagte M., dass sie diesen nicht zu Hause verbringen möchte. Der Geburtstag sei allein schon schlimm genug, aber sie wollte sich dazu nicht auch noch von anderen Menschen beglückwünschen lassen. Mit meinem Glückwunsch zu diesem Anlass könnte sie aber leben. Und so wurde Madeira für eine Woche das Ziel.
Wir hatten uns mit Reiseführer und Internet akribisch vorbereitet. Jeweils eine Liste mit Sehenswürdigkeiten, die wir besuchen wollten – wobei die berühmte Korbschlittenfahrt von Monte nicht dazu gehörte – und eine für die Restaurants, die wir abends aufsuchen wollten. Wir haben uns für den Aufenthalt ein altes englisches Hotel ausgesucht, das in jeder Hinsicht okay war, aber der englischen Küche – salzlos, geschmacklos, phantasielos, nach einigen Erfahrungen – wollten wir ausweichen.
Ganz oben auf unserer Liste stand ein Restaurant namens „Portao“. Wir haben an unserem ersten Tag in Funchal gut zwei Stunden damit zugebracht, das Lokal zu suchen. Aber leider gibt es zu viele ähnlich klingende StraĂźennamen mit mehr oder wenigen Zusätzen, so dass wir schon aufgeben wollten. Irgendwann lieĂźen wir uns in einem Cafè nieder, um den FlĂĽssigkeitsverlust wieder auszugleichen. Unmittelbar vor uns befand sich eine kleine Kirche. Und rechts an dieser vorbei ging eine Gasse. Ich hatte das GefĂĽhl, dass dort vielleicht noch etwas sein könnte, was wir bisher nicht gesehen hatten. Ich ging dorthin, vielleicht 100 Meter weit. Und stand direkt vor dem Lokal.
Am Abend waren wir dort – und fĂĽnf weitere Abende auch. Trotz Länge des Weges, vor allem nach dem Abendessen in Richtung Hotel, wo wir im letzten Cafè vor dem HĂĽgel „one for the hill“ nehmen mussten. Nur am Ruhetag war eine Alternative angesagt. Sie hat nicht im gleichen MaĂź ĂĽberzeugt. Das war in der „FreĂźgasse“ (Bezeichnung kopiert von BrĂĽssel) – ein Lokal neben dem anderen, mit Typen davor, die einen zum Eintreten „motipulieren“ wollten, mit Methoden, die von „Nötigung“ nicht mehr allzu weit entfernt sind.
Die Spezialität im Portao – wie in vielen anderen Restaurants in Funchal – war „schwarzer Degenfisch“, hier „Espada“ genannt, in vielen Zubereitungsarten. Wir haben einige durchgekostet, fĂĽr mich am besten die mit kleinen gebratenen Bananen.
Den schwarzen Degenfisch gibt es nur in unmittelbarer Umgebung von Madeira. Er lebt tief im Atlantik (200 bis 1700 Meter) und ist dort kupferfarben. Er wird mit Angeln mit ungefähr 1500 Meter Länge gefangen, an denen bis zu 50 Hilfsangeln befestigt sind. Durch die rasche Druckveränderung beim Auftauchen wird er tiefschwarz. Die Druckveränderung ist auch der Grund dafür, warum der Fisch die Meeresoberfläche nicht lebend erreicht.
Die Haut ist, wie gesagt, tiefschwarz, das Fleisch weiĂź und von einer Konsistenz, wie wir es hierzulande vom Wolfsbarsch kennen.
Und die Köche Madeiras verstehen ihr Handwerk.
© Walter Lepuschitz 2020-08-12