Schweinchen Carly

Florian Tschapek

von Florian Tschapek

Story

Das kleine Schweinchen Carly war kein gewöhnliches Schwein vom Bauernhof. Er war ein wildes Schwein und kein Hausschwein, so pflegte Carlys Vater immer zu sagen, wenn er sich mal wieder saumäßig benehmen sollte. Carly hatte Borsten am ganzen Körper, was ihm eine hellbraune Färbe verlieh, die bald dunkel werden würde, wenn er erwachsen wird. Noch war er ein Ferkel, aber er hatte schon winzig kleine Hauer, die aus seinem Mund herauslugten. Seine Lieblingstage waren die, an denen es regnete. Er konnte nicht verstehen, wie man warme Tage mögen konnte, an denen es doch gar keine Pfützen gab zum Hineinplatzen und auch keinen Schlamm, der so schön braun herumspritzte. Aber am liebsten hatte er die Erdgruben, die sein Vater grub, denn diese füllten sich mit Wasser, in dem er planschen konnte und wenn es noch leicht regnete, ließ es sich wunderbar rutschen durch den Schlamm. Das Einzige, was ihn störte, war, dass die Rutsche viel zu klein war. Er träumte davon, einmal von der großen, bunten Rutsche zu rutschen. Sie war nicht weit von hier. Doch ein großer Zaun stand ihm im Weg, bei dem kein Knabbern noch rütteln oder schieben und rammen half. Der Zaun stand weiter und versperrte ihm den Weg zum Spritz und Platsch Spaß. Eines Tages, als die Sippe wieder in der Nähe des Freibads war, entfernte sich Carly und ging nahe an den Zaun. Er ging darauf zu und steckte sacht seine Nase durch das Gebüsch vor dem Zaun. „Was machen Sie denn da?“ wurde Carly in vornehmen Ton gefragt. Aber was fragte ihn nur? Es war Kaiser, ein Hund, der dürre, aber größer war als Carly. Er hatte lange Schlappohren und weißes Fell, das nur an den Ohren so richtig flauschig aussah. Carly drückte und schob gegen den Zaun und sagte nur unter Gestöhne „Ich will da rein.“ „Aber warum denn das, du bist doch ein wildes Tier, oder?“ „Weil ich rutschen will und weil heute mein Geburtstag ist.“ „Uiuiui, so schaffen Sie das aber nicht. Da müssen Sie schon buddeln.“ Von hinten erklang eine Stimme und Kaiser verabschiedete sich, nachdem er noch einmal seinen Namen nachgesetzt hatte, damit Carly ihn rufen kann, wenn sie Hilfe braucht. Carly grub und grub, doch das Einzige, was sie hinbekam, war ein Hügel vor dem Zaun, der diesen noch im Widerstand verstärkte. Erschöpft setzte sich Carly hin und weinte. Als die Tränen so flossen, kam Papa Wildschwein und versuchte sie zu trösten und ermahnte sie auch, dass sie nicht so einfach verschwinden kann. Papa sagte, dass sie zum Essen kommen soll und so gingen sie gemeinsam zurück zur Sippe. Bello hatte das alles beobachtet und in der Abwesenheit Carlys machte er sich schlammig dreckig und grub ihr eine kleine Öffnung unter den Zaun. Als Carly dann kurze Zeit später wieder kam und das Loch entdeckte, war sie außer sich vor Freude und schlüpfte hindurch. Sie trippelte langsam und leise zur Rutsche, die ins Planschbecken führte. Mühsam erklomm sie die Stufen. Als sie so oben stand, konnte sie über das ganze Gelände schauen. Und was sah sie da? Es war Kaiser, der am Ausgang stand. Ihre Blicke trafen sich und Kaiser bellte vor Vergnügen, dass sie es geschafft hatte. Kurz bevor Carly ins kühle Nass jauchzend rutschte, dachte sie bei sich: „Da hat sich Kaiser zur Sau gemacht, nur damit ich wie sein Herrchen rutschen kann. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Kaiser.“


© Florian Tschapek 2024-07-27

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Romane & Erzählungen
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