Von Schwestern & LieblingsschwÀgerinnen

Andreas Trimmel

von Andreas Trimmel

Story

„Naaaaaa!!!“

Ausgerufen im jahrelang antrainierten, dennoch nicht gĂ€nzlich akzentfreien Oberösterreichisch einer ihre Herkunft wahrlich nicht verbergen könnenden Niederösterreicherin. Ausgerufen, als sie mich erblickt hatte – als wir uns das erste Mal seit einer halben Ewigkeit gesehen haben.

„Naaaaaa!!!“ also. Ich hĂ€tt‘ eher ein herzlich begrĂŒĂŸendes „Hallo! Schön, Dich zu sehen. Wie geht’s Dir?“ erwartet. Oder ein scherzhaft herausforderndes „Aber hallo, Dich gibt‘s auch noch? Schön, dass Du Dich mal blicken lĂ€sst!“

Es wurde ein „Naaaaaa!!!“. Ich musste dennoch grinsen, sah mich zu einem Schmunzeln verfĂŒhrt. Das „Naaaaaa!!!“ passte zu ihr. Immer fĂŒr Überraschungen gut. Immer bereit fĂŒr unerwartete Eruptionen. Und stets vielsagend.

In diesem Fall eruptierte das „Naaaaaa!!!“, als ich in ein Videotelefonat der Schwestern reingrĂ€tschte. Meiner LieblingsschwĂ€gerin die Sicht auf ihre kleine Schwester verstellte. Insofern ist der langgezogene Einsilber irgendwie vielleicht nachvollziehbar. Wenn da …. so plötzlich … ein dunkler Schatten … .

Und „Sicht auf die kleine Schwester“ ist, auch bei gar nicht mal so genauer Betrachtung, nicht ganz zutreffend. „klein“ und „groß“ haben in diesem Schwesternuniversum die Bedeutungen gewechselt. Irgendwann mal, in jungen Jahren, still und heimlich, vollzog sich dieser Rollentausch.

„LieblingsschwĂ€gerin“: Hmmm. Auch das muss ich relativieren. Sonst hab‘ ich demnĂ€chst weitere Anrufe, die mit „Naaaaaa!!!“ beginnen – aber in etwas anderem, berechtigterweise entrĂŒstetem Tonfall. Und verfolgt von etwas wie „Heast. Wia KUMMST Du dazua…!“ Ja, auch die ĂŒbrigen SchwĂ€gerinnen wissen, wo mein Handy klingelt. 😉

Nennen wir sie also „jĂŒngste LieblingsschwĂ€gerin“. Ja. Das passt. Das ist eindeutig, unverfĂ€nglich, stimmig.

Die jĂŒngste LieblingsschwĂ€gerin und ich begegnen uns nur gelegentlich. Die Distanz von hier nach dort ist zu groß fĂŒr ein „Ich komm‘ schnell mal vorbei.“

Aber jede Zusammenkunft ist geprĂ€gt von sprĂŒhender Herzlichkeit, erfrischend dahinplĂ€tschernder Redseligkeit, neckischem Spaß und jeder Menge guter Laune.

Ja, die Redseligkeit. Die plÀtschert bisweilen echt atemberaubend dahin. Rasch, vielsilbig, effizient. Luftschonend, pausensparend, energiegeladen. SelbstentplÀtscherungsversuche misslingen da bisweilen.

Da hilft ihr schon mal ein den Fluß unterbrechendes ReingrĂ€tschen – auch wenn‘s diesmal unbeabsichtigt und nur meiner Neugier geschuldet war. Und da bricht dann schon mal ein erstauntes „Naaaaaa!!!“ aus ihr heraus.

Nach einer kurzen Plauderei hab’ ich das Bild ĂŒbrigens wieder freigegeben. Und es plĂ€tscherte wahrlich wunderbar weiter im Schwesternuniversum. Herrlich….

© Andreas Trimmel 2020-04-19