von Tina Regber
Nachdenklich sitze ich auf der Couch. Der Film, der auf dem Fernseher weiterläuft, irgendeine kitschige Liebesschnulze, ist in den Hintergrund meiner Wahrnehmung gerückt.
„Hey, Alex.“ Er pausiert den Film und dreht sich zu mir. „Glaubst du, dass es so etwas wie Seelenverwandte gibt?“ Einen Moment ist es still und mein Atem kommt mir unnatürlich laut vor. „Ich hoffe, dass sich deine Frage nicht direkt auf den Film bezieht.“ Es klingt, als hinterfrage er meinen Verstand. „Die beiden sind jedenfalls keine Seelenverwandten.“ Ich lächle gutmütig und verdrehe die Augen. „Nein, der Film hat damit nicht wirklich etwas zu tun.“
„Hm.“ Er legt den Kopf schief und kaut abwesend auf der Unterlippe. „Also, ich schätze, das kommt darauf an, wie du Seelenverwandte definierst.“ Unverwandt sieht er mich an. „Na, eben zwei Menschen, die wie füreinander bestimmt sind, weil ihre Seelen sich danach sehnen, sich miteinander zu verbinden.“ Das war esoterischer als ich es beabsichtigt habe. „Oder so ähnlich“, füge ich kleinlaut hinzu.
Alex grinst. „Die erste Frage ist, ob wir überhaupt Seelen haben. Aber“, fährt er fort, bevor ich ihn unterbrechen kann, „gehen wir einfach mal davon aus. Dann glaube ich schon, dass es möglich ist, dass sich Menschen mit ähnlichen Seelen anziehen und andere sich abstoßen.“
„So wie Magneten?“ In Alex‘ Augen funkelt der Schalk. „Ja. Aber wie bei Magneten glaube ich nicht, dass es nur jeweils zwei Menschen gibt, deren Seelen einander anziehen. Wie sollen die sonst zueinander finden?“ Das sehe ich ein. „Also sind Seelen wie magnetische Puzzleteile, die perfekt zusammenpassen können? Aber manche Leute sind wie Eck- oder Randteile und andere sind eher Mittelteile?“ Alex lacht. „Es gibt sicher auch welche, die in Puzzles mit 2 Teilen und andere, die in Puzzles mit 10.000 Teilen vorkommen. Was nicht heißen muss, dass diese Menschen so viele Beziehungen haben, schon gar nicht gleichzeitig. Aber sie würden theoretisch zu viel mehr Leuten passen. Ergibt das Sinn?“
Ich tippe mir mit dem linken Zeigefinger ans Kinn. „Hm. Irgendwie schon. Werden die Seelen-Puzzles von jemandem zusammengesetzt? Oder wie finden die sich?“ Alex antwortet achselzuckend, aber beschwingt. „Wenn du an Gott glaubst, dann könntest du davon ausgehen, dass der die Seelen zusammensetzt. Wenn nicht, dann vielleicht magnetische Anziehung? Oder Eingebung? Oder guter alter Zufall?“ Das ist jetzt antiklimatisch. „Enttäuscht?“ Alex kann mich oft lesen wie ein Buch. Ich zucke mit den Achseln. „Schätze schon. Hab jetzt erwartet, du erzählst mir was von Seelen-Puzzlern oder so.“ Alex lächelt und Grübchen erscheinen auf seinem Gesicht. „Unmöglich wäre es nicht.“
Miro und Hilde kommen fauchend und schreiend ins Zimmer. Orangerote, schwarze und weiße Haare fliegen durch die Gegend. Gleich danach putzen sie sich gegenseitig. „Da siehst du mal, zu jedem Topf passt ein Deckel, selbst wenn manchmal die Fetzen fliegen. Bin allerdings nicht sicher, ob ich einen Deckel habe“.
„Klar, du hast doch mich!“ Er errötet und lächelt schief. „Ja, aber ich liebe dich wie eine Schwester.“ Ich nicke enthusiastisch und spüre, wie mir warm ums Herz wird. Wie ein Topf, unter dem man die Herdplatte anschaltet. „Niemand hat behauptet, dass Töpfe und Deckel romantisch sein müssen. Ergibt sowieso keinen Sinn. Sind schließlich Gegenstände.“ Alex umarmt mich und zeigt mir ein Bild einer Malve auf seinem Handy. Ich schätze dich als beste Freundin. Ich zeige ihm ein Bild einer Amaryllis. Ich bin stolz, mit dir befreundet zu sein.
© Tina Regber 2024-08-19