Sehen durch Kinderaugen…

Jenni Zeller

von Jenni Zeller

Story

Es ist gut denkbar, dass viele unter ihnen dadurch für ihr Leben geprägt werden und sich Gedanken machen, die mir beim Hasenkot-Aufheben, Regenwurmstreicheln und Mit-Kaulquappen-Baden nie in den Sinn gekommen wären.

Vielleicht hat das langfristige positive Auswirkungen auf die öffentliche Hygiene, das Händewaschen und die Eindämmung der regelmäßigen Grippe- und vermutlich auch Coronawellen.

Doch ich kann mir gut vorstellen, dass so manches Kind dadurch nicht nur geprägt, sondern gar traumatisiert oder neurotisch wird. Sich in einem Netz aus Sorge vor Viren, Händewaschen, Mundschutztragen und Berührungsscheue verfängt.

Für sie muss all das, was sich um sie herum plötzlich abspielt, unverständlich, monumental und furchteinflößend sein; gerade, weil es das für Erwachsene schon ist. Ihr Unwissen ist in dieser Hinsicht vielleicht ein Segen, der schützende Schleier der Vagheit und heilen Welt, mit dem viele von ihren Familien umhüllt werden, ein Schutzschild.

Zu begreifen, dass Eltern nicht unsterblich sind und diese Krankheit sie dahinraffen könnte, ist eine herzzerreißende Erkenntnis für Kinder in jedem Alter. Zu verstehen, dass Wesen, die wir gar nicht wahrnehmen können, die Weltwirtschaft in die Knie zwingen, Menschen – von Präsidenten über Millionäre bis hin zu Großeltern – in Krankenhäuser befördern und Länder in Krisengebiete umwandeln zu vermögen, ist eine lähmende Erkenntnis.

Der Mensch ist eine Ameise, ein Virus sein Gebieter.

Ich frage mich, wie viel Kinder wirklich verstehen. Wie sehr sie unterschätzt oder aber verhätschelt werden. Wie sie sich an diese surreale Zeit erinnern werden.

© Jenni Zeller 2020-10-04

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