Sehr viel Glück gehabt!

Hermann Exenberger

von Hermann Exenberger

Story
Österreich, Wien 2025

Wieder ein Jahr älter

Wir alle werden älter, wenn wir etwas Glück haben. Und viele von uns machen dabei ganz ähnliche Erfahrungen. Wir stellen fest, dass einfach Dinge wichtiger werden, die uns vorher nicht sehr bedeutsam erschienen, und andere Dinge unwichtig, die für uns früher höhere Bedeutung hatten. Wir sehen uns vor ähnlichen Herausforderungen, fechten ähnliche Kämpfe aus – mit der Umgebung und mit uns selbst. Und klar ist auch, am Ende werden wir verlieren, und zwar jeder von uns.

Obwohl: warum verlieren? Ist das Älterwerden wirklich ein vergeblicher Kampf um Gesundheit, Kraft, Zuwendung, ja auch Liebe, Würde? Je älter ich werde, umso mehr stelle ich dies in Zweifel. Selbst wenn wir kämpfen, können wir am Ende nur verlieren, denn das Leben geht ja auf jeden Fall weiter, nur eben ohne uns. Aber, so mein weiterer Gedanke, wenn wir es gar nicht als Kampf verstehen? Wo nicht gekämpft wird, kann es nicht nur keinen Sieger geben, sondern vor allem auch keinen Verlierer.

Das Älterwerden ist doch vor allem eines: eine Erfahrung, die wir alle teilen und über die ich täglich neu staunen kann. Denn nicht alles ist schlecht am Älterwerden. Tatsächlich gibt es eine große Menge Gutes daran zu entdecken. Deshalb habe ich mich entschieden, ein Buch mit dem Titel Die Kunst des ALTERNS zu schreiben, in dem es darum geht, wie wir das Älterwerden als etwas Gutes betrachten können, wie wir mehr Verständnis füreinander entwickeln, und wie wir es bestenfalls einander leichter machen könnten: die Jungen den Alten, die Alten den Jungen und vor allem jede Person sich selbst!

In Würde älter werden

So viele Personen in meinem Umkreis fürchten sich davor, alt zu werden und vor allem alt auszusehen. Alt zu werden ist für uns scheinbar etwas Erschreckendes und Unattraktives. Und doch handelt es sich dabei um einen normalen und natürlichen Lebensvorgang.

Welche Alternative, so meine weiteren Überlegungen, gibt es dazu, alt zu werden? Ich behaupte: keine! Außer vorher den Planeten zu verlassen. Als Kultur haben wir etwas entwickelt, was Jugendkult genannt wird. Es ist schön und gut, wenn wir uns in der Jugend lieben, aber warum fällt uns das so schwer, wenn wir älter werden? Schließlich müssen (dürfen) wir alle Phasen des Lebens durchlaufen. Nein, wir wollen älter werden, weil wir weiterleben wollen! Mir jedenfalls geht es so. Und wenn ich weiterhin sehr viel Glück habe, hat mir das Leben noch einiges zu geben – und ich vielleicht dem Leben auch. Deshalb gilt für mich bei aller Nachdenklichkeit ein unbedingtes Trübsinnigkeitsverbot.

Bis jetzt bin ich sehr dankbar dafür, dass ich älter geworden bin – und genau so könnte es auch bleiben.

© Hermann Exenberger 2025-03-16

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