von Andrea Panholzer
Nach einer halben Stunde hatte ich mich so weit abreagiert, dass ich mir selbst zutraute, ihn nicht sofort umzubringen, sobald ich ihn sah. Sein Handy in meiner Hosentasche, kehrte ich zu ihm zurück. Matthias lag schlafend auf den Teppichen. Das Glas neben ihm war vollkommen geleert. Ich lächelte und genoss den Triumph. Schnell startete ich die Stoppuhr meines Handys. Mal sehen, wie lange er wohl ausgeknockt blieb. Mit seinem Finger entsperrte ich sein Handy. Sofort ploppten mehrere ungelesene Nachrichten von jemandem, namens „Häschen“, auf. Allein diese Bezeichnung für seine kleine Schlampe brachte mich beinahe zum Kotzen.
„Bärli hast du ir es gesagt schon?“, „Bärli, warum meltest du nicht dich?“, „Hallo? Was had sie gesagd? Ich liebe dich.“ Die Rechtschreib- und Grammatikfehler passten genau zu ihrem Profilbild. Ich finde, man konnte bereits darauf erkennen, dass sie über so viel Hirnleistung verfügte, wie ein Goldfisch. Da ich noch ein Weilchen hier sein würde, beschloss ich, den Chatverlauf der beiden etwas näher zu studieren. Ich konnte über Matthias nur den Kopf schütteln…und über mich auch. Wie zum Teufel hatte ich all die Jahre nicht bemerken können, was für ein Idiot dieses Arschloch war?
Allerdings musste ich immer noch dafür sorgen, dass sein Flittchen nicht zu einem Problem für mich werden würde. Also fing ich an, einen Text zu verfassen und bemühte mich dabei, mich möglichst nah an Matthias vorherigem Schreibstil zu halten: „Mein Häschen. Ich weiß nicht, wie ich dir es sagen soll. Ich liebe dich wirklich sehr, aber ich bin es meiner Frau schuldig, ihr noch eine Chance zu geben. Sie hat so sehr geweint und gesagt, ich solle uns noch nicht aufgeben. Deshalb fahren wir jetzt noch einmal gemeinsam in den Urlaub. Sie meinte, wenn ich danach immer noch Gefühle für dich hätte, würde sie mich gehen lassen. An meinen Gefühlen für dich wird sich sicher nichts ändern, das verspreche ich dir! Ich kann es kaum erwarten, dich wieder in meinen Händen zu halten, zu berühren. Wie wir es besprochen haben, wirst du bei mir einziehen und wir werden miteinander glücklich sein. Ich bitte dich, auf mich zu warten. Kannst du das? Ich liebe dich so sehr! Sobald wir wieder da sind, werde ich zu dir kommen!“
Nach nicht einmal fünf Minuten kam bereits ihre Antwort: „Oh mein Gott Bärli! Ich vermise dich! Ich werde auf dich warte! Ich liebe dich so ser! Halte durch! Ich denke gans oft an dich! Oh mein Gott ich zählle bis du wieder bei mir bist. Ich liebe dich!“
Was zum Teufel finden Männer nur an solchen minderintelligenten Dummchen? Als nächstes bestellte ich in Matthias Namen ein Schlagzeug. Jetzt stand ich noch vor der schwierigsten Aufgabe. Ich befreite Matthias und wickelte ihn in die beiden Teppiche und zerrte ihn zur Kellertreppe. Es waren bereits drei Stunden vergangen und er schlief immer noch tief und fest. Mit aller Kraft schleifte ich ihn Stufe für Stufe nach oben. Scheiße! Das Problem war, dass ich ihn noch einen Stock höher schleppen musste. Denn die einzige Gelegenheit, ihn erneut sicher anzuketten, war, die Poledancestange in unserem Schlafzimmer. Matthias hatte sie mir zum ersten Hochzeitstag geschenkt. Allein sein Anblick, wie er da sabbernd zu meinen Füßen lag, eingerollt in diesen Teppich, und mich daran erinnerte, dass ich Jahre meines Lebens an ihn verschwendet hatte, weckte ihn mir Kräfte, von denen ich nicht geglaubt hatte, sie zu besitzen.
© Andrea Panholzer 2024-03-09