Seitensprung – oh nein!

Gisela Halwachs

von Gisela Halwachs

Story

Als ich heute zufällig in einem Singleforum über das Thema Seitensprung mitlas, konnte ich nur den Kopf schütteln und klickte bald die Diskussion weg. Aber irgendwie wurmte es mich zu lesen, dass beide schuld sein sollten, wenn einer fremdgeht, dass man das schon vorher gemerkt haben muss, eventuell auch verzeihen sollte/könnte/müsste. Oh nein, das gilt nicht für mich!

Ich war mit meinem Mann über 28 Jahre verheiratet, hatte mit ihm zwei Kinder, habe ihn über alles geliebt, er war ein Teil von mir.

Kein Mensch ist perfekt – ich auch nicht, aber ich glaube nicht, dass ich solche Fehler machte, um einen Seitensprung und Betrug bzw. Vertrauensbruch zu verdienen. Und wenn etwas nicht passt, sollte man einem Partner soviel Respekt entgegenbringen, es ihm zu sagen. Dies gilt auch, wenn sich ein Partner in jemand anderen verliebt. Warum kann man sich nicht ehrlich mit dem langjährigen Partner darüber aussprechen, eine faire Lösung finden, sich mit Respekt und Würde trennen?

Muss da wirklich immer ein Betrug geschehen, bis es ans Licht kommt?

Meine jüngere Tochter war damals nicht ganz 16 und auch für sie brach eine Welt zusammen.

Mein Fehler war, dass ich nicht so jung war wie die Frau, mit der er mich betrog. Sie war noch nicht einmal auf der Welt, als wir heirateten.

Das Erste, was ich ihn fragte, als ich auf seinen Seitensprung draufkam war: „Was habe ich falsch gemacht?“

Und er antwortete: „Nichts hast du falsch gemacht, wir haben uns nur auseinandergelebt.“

Ich war entsetzt heute beim Mitlesen, als ich sah, dass immer nur die Seitenspringer in Schutz genommen wurden und nicht einmal versucht wurde, auch an das Leid der Betrogenen zu denken.

Wer wirklich liebt, der weiß, wohin er gehört! So ist es und nicht anders. Ich bin nicht bereit, Schuld oder Teilschuld auf mich zu nehmen, mir Vorwürfe zu machen oder machen zu lassen, nur weil mich mein Exmann betrogen hat mit einer wesentlich Jüngeren.

Er konnte es sich leisten, seine junge Geliebte zu verwöhnen, ja er hatte mehr Geld als ich, nachdem er meinen Erbteil mitkassiert hat, weil ich ihn eben aus Vertrauen und Liebe zur Hälfte an all meinem Geerbten anschreiben ließ und ihn dann auch noch stattlich dafür auszahlen durfte.

Er verdiente auch mehr als ich, denn ich hielt ihm den Rücken frei, damit er Karriere machen konnte, sorgte für die Kinder, für ihn, für den Haushalt, für die kranke Mutter, war eine Zeitlang teilbeschäftigt, verlor dadurch an Einkommen und später bei der Pension.

Ich musste sehen, wo ich bleibe – aber ich stehe auch heute dazu, dass es das einzig Richtige war, mich von ihm zu trennen, als ich von seiner Untreue erfuhr.

Es zermürbt mich. Wann werden diese Verteidiger des Seitensprungs einmal sagen, dass Seitensprung ein Fehler ist, unverzeihlich ist, eine Gemeinheit ist, ein Vertrauensbruch, mit dem man Menschen verletzt, die es nicht verdient haben?

Mein Herz findet Trost bei allen, die an die Leiden der Betrogenen denken und Seitensprung nicht entschuldigten.

© Gisela Halwachs 2023-02-17

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