„Alles hat seine Zeit“, heißt es schon in der Bibel. „Jedes Ereignis auf der Welt hat seine Stunde: Geborenwerden und Sterben, Niederreißen und Aufbauen, Weinen und Lachen, Umarmen und Loslassen, Suchen und Finden…
Diese jahrtausendealte Erkenntnis fand seinen Niederschlag auch in meinem Leben. Vor allem das Suchen und Finden. Da gab es eine Zeit, in der Seminare besuchen sich interessant anhörte. Ich lege bereits auf die Schlagzeile großen Wert. Für mich muss bereits daraus ersichtlich sein, worum es in dem Seminar geht. Tut es das nicht, verliere ich das Interesse daran. Also begann ich zu suchen und wurde fündig. Nicht immer zu meiner Zufriedenheit.
Da gab es zum Beispiel das Seminar: „Gemeinsam Hochfliegen.“ War nichts für mich. Ich leide schließlich unter Höhenangst. Und wenn man berücksichtigt, wie klimaschädlich das Fliegen ist, verzichtet man zum Wohle der Umwelt gerne darauf. Auch wenn es zu zweit natürlich mehr Spaß macht, als alleine.
Eklig fand ich: „Einführungsseminar“. Das will ich lieber unkommentiert lassen, genau wie die darin angekündigten Schnupper-Wochenenden. Schließlich ist der Geruchssinn auch nicht mehr das, was er in jungen Jahren war.
„Joga und Schnaufen“ war auch eine Headline, bei der ich mich gefragt habe, ob ich mir das mit meinen Jahren noch antun sollte. Eine Übungsstunde in einem Jogastudio vor einem Jahr hatte beträchtliche Zweifel an meiner Gelenkigkeit aufkommen lassen. Den Fersensitz habe ich ja noch perfekt hinbekommen, doch bei der Ohr-Knie-Stellung hätten sie fast den Notarzt holen müssen. Von wegen friedvolles Entspannen. Nur der Langsitz kam mir sehr entgegen. Wenn ich schon mal sitze, dann gerne lang!
Und Schnaufen? Das brauche ich nicht zu lernen, das praktiziere ich jeden Tag, wenn ich die schweren Einkaufstüten nach Hause schleppe.
Über das Seminar: „Das Geheimnis der Wünschelrute“, will ich mich ebenfalls nicht dazu äußern. Ist mir sowieso schleierhaft, wieso Männer daraus etwas so geheimnisvolles machen, aber nun ja…
Interessant klang da schon: „Institut für Selbstentwicklung und Erkenntnis“, weil darunter stand: Wenn heute Nacht der Mann im Mond käme und Sie hätten einen Wunsch frei, was würden Sie sich wünschen? Keine schlechte Frage. Ich würde einfach sagen: „Guter Mann, bleiben Sie doch einfach ein Stündchen bei mir. Sie finden es garantiert heraus!“
Diese Seminarsuche hinterließ bei mir einen etwas überforderten Eindruck. Dabei war dies erst der Anfang. Die besondere Tragik dabei ist, dass man sich bei dieser Suche in gutem Glauben vor lauter Langeweile selber das Pendeln beibringt. In der Hoffnung, vom Staat dafür Pendlerpauschale zu bekommen. Oder glaubt, bei einem oder mehreren Gläsern Sekt fündig zu werden …
Wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Gilt auch für die Zeit.
Denn dass alles seine Zeit hat, heißt eben auch, dass alles seine Zeit braucht!
Fortsetzung folgt!
© Heidrun Siebenhofer 2020-08-26