von Gudrun Salzer
Irgendetwas mit fünf zeigt er an. Der blaue Zeitmesser. Neben meinem Bett. Aus der Ferne nehme ich den Kuckuck und meine bleierne Müdigkeit wahr.
„Schlaf ruhig weiter!“, flüstert mir eine feine, liebevolle und milde Ruhebrise zu, die direkt aus dem Land der Träume weht. Streichelweich säuselt sie ihre Buchstaben. Sie spielt mit ihren Reizen, um mich zum Verweilen zu bewegen. Einladend reicht sie mir die Hand, um mich in ihr Paradies zurückzuführen.
Just in diesem Moment tippt man mir hinterrücks frisch und munter auf die Schulter. Dieser eine Finger reicht aus, um die traumhafte Seifenblase zerplatzen zu lassen.
“ Ruhe? Na, die brauch ma gwiss nit!”, stellt die diensthabende Assistentin der Konzernleitung mit erhobenem Schultertippzeigefinger in den verdunkelten Raum. Zackig tipselt sie auf ihr digitales Mitbringsel und spult mechanisch die To Do’s für den heutigen Tag ab.
Ein zweiseitiger Monolog entspinnt sich. Stereo. Ich kenn meine beiden Protagonistinnen nur zu gut und verzieh mich fluchtartig und hermetisch abgeriegelt unters Kopfkissen, denn ein harmonischer Dialog ist den beiden noch nie gelungen.
Vor wenigen Tagen allerdings schwor sich die ungleiche Paarung zu einem Konsens ein. Eine Form der trauten Zweisamkeit mit folgenschweren Nebenwirkungen.
Für wen? Für mich!!!
Es ist mir wahrhaftig völlig schleierhaft, wie sie es schaffen konnten, die Absperrmechanismen meiner Polsterklausur zu überwinden. Somit debattieren sie nun täglich unverkennbar wahrnehmbar und rücksichtslos hitzig. Von der Regierungsbank in Richtung Oppositionskurve und retour, während sie in vorwitziger Weise die Glocke für den Ordnungsruf vor meinen Augen in Luft auflösen.
Eine Komposition mit unendlichen da Capos, die ohne ein Fine unvollendet zu sein scheint. Meine vordringliche Bitte nach “Contenance” wird flugs weggewischt, wie eine ungebetenen Fliege auf der Partitur.
Gewalt war noch nie eine Lösung, darum mögen bitte andere ihre Konflikte bewaffnet austragen. Schweren Herzens schlage ich mir einen Lokalwechsel vor. Wie benommen tapse ich an einen Ort, der auf Knopfdruck die Dinge mit auf eine Reise nimmt, um danach dem pfauchenden Gurgeln und Glucksen der Kaffeemaschine beizuwohnen. Die Sonne hat es zwar noch nicht über die Pinzgauer Grasberge geschafft, doch der dampfende Guten-Morgen-Trunk und eine wärmende Decke erweisen sich als perfekte Statisten. Ein Yin und Yang aus Wärme und Kühle. Ein Gefühl von “Alles ist gut! ” , liegt in der Luft.
Ein Rabe zieht am Terrassengeländer vorbei und ein Rotschwänzchen sitzt klickend am Blitzableiter. Der zweite Kaffee steht in den Startlöchern und mit ihm ein neuer Tag.
© Gudrun Salzer 2022-06-16