von Pia Holter
Wenn Zweisamkeit trotz Kindern nicht möglich wäre, gäbe es keine Geschwister. Leicht ist es trotzdem nicht. Ich erhebe eigentlich exklusiven Anspruch auf die Liebe meines Mannes. Mittlerweile gibt es sogar zwei weitere Menschen, die er über alles liebt. Zuweilen wird er von diesen beiden so für sich eingenommen, dass für mich nicht mehr so viel zärtliche Aufmerksamkeit abfällt. Dann gibt es wiederum Tage, an denen ist mein Pensum an Berührungen abends übererfüllt und ich mag einfach nur noch in Ruhe gelassen werden. An diesen Tagen kann er mir noch so glühende Blicke zuwerfen, ich bleibe Lava.
Ich kann es eingrenzen auf zwei konkrete Dinge, die ich am meisten vermisse: Spontanität und Langeweile. Geplante Date-Nights sind wie Silvester. Eh nett, aber jeden nervt, dass das jetzt DER Abend sein muss, an dem man super drauf ist. Spontanität gibt es nur in winzigen Zeitschoten, wobei „Schatz, die Kinder schlafen” nicht immer als ausreichendes Vorspiel durchgeht. Und wir langweilen uns nie. Es gibt immer irgendetwas zu bereden, zu tun, zu planen. Aus Langeweile entstehen oft kleine aber feine Momente der Verbundenheit: stille Spaziergänge Hand in Hand, nebeneinander den eigenen Gedanken nachhängen, bei einem Glas Wein bis nach Mitternacht die Zeit vergessen.
Ich glaube trotzdem, dass uns unsere Kinder in unserer Beziehung stärken. Ich zumindest habe mich nie der Illusion hingegeben, dass man nur mit der richtigen Person verheiratet sein muss und dann läuft alles wie von selbst. Kinder machen es nur auf den ersten Blick notwendiger an der Beziehung zu arbeiten, aber notwendig ist es immer. Eine Ehe ist ja bekanntlich wie eine Badewanne. Wenn man sie schön heiß hält, kann man es gut darin aushalten, bis man ganz runzlig wird. Überlässt man die Badewanne sich selbst, wird sie automatisch auskühlen. Es braucht ständig Energie, um sie warm zu halten.
Wir reden oft über das, was uns als Paar ausmacht und wie wir uns unser gemeinsames Leben vorstellen. Wir reden viel darüber, wie wir einander besser unterstützen können (weil wir Eltern sind), wie wir uns nahe bleiben (obwohl wir Eltern sind). Wir nehmen uns bewusst Zeit für uns als Paar, anstatt einfach nur nebeneinander zu leben und die Beziehung als Selbstverständlichkeit hinzunehmen. Kinder sind außerdem ganz oft unser Spiegel und sie halten ihn uns sehr deutlich vor Augen. Dieses Spiegelbild ist eine Gelegenheit zur Reflexion im Guten wie im Schlechten. Und wir reden regelmäßig über unsere Rollenverteilung und was sie mit uns macht. Das ist manchmal ein zäher Prozess, auch weil unsere Generation erst dabei ist, gelernte Geschlechterrollen, die wir internalisiert haben, aufzuarbeiten.
Langfristig halte ich es für wichtiger, Rollenerwartungen Stück für Stück abzulegen, als bloß öfter mal unsere Kleidung. Bei Paaren, bei denen die Arbeitsteilung als gerecht eingestuft wird, führt statistisch übrigens öfter eines zum anderen. Also immer ran an die heißen Bügeleisen!
© Pia Holter 2021-07-04