von Jami Mzee
Sie hat keine Ahnung.
Sie hat keine Ahnung, wie mein Herz pocht, wie meine Augen aufleuchten und ein Gefühl von Hoffnung, gemischt mit Angst, in mir erblüht. Sie darf es nie erfahren. Sie wird es nie erfahren. Wenn sie ihren Schlüssel einsteckt, ihre Tasche sortiert, ihre Jacke anzieht und ihren Schritt aus der Tür macht, hat Sie keine Ahnung, was ich plane. Jede Sekunde, in der ich alleine bin, sehe ich nichts anderes als eine Gelegenheit, eine Chance, die auf mich wartet.
Ich bin allein. Ich laufe in Kreisen, durch die Wohnung, schaue in jeden Raum, jede Ecke, suche mein heutiges Instrument. Welches nehme ich? Wie fühle ich mich? Die Geige? Die Gitarre? Das Piano? Wie ein Mörder, der auf seine Hinrichtung wartet, knie ich mich hin. Es wird Zeit. Ich hebe den Bogen der Geige über meinen Kopf und fange an zu spielen. Fangen wir langsam an, vielleicht hören sie dann auf. Sie hören nicht auf. Sie werden nicht aufhören. Ich muss lauter spielen, sie übertönen. Der Schmerz in meinem Arm, zieht durch meinen ganzen Körper. Vielleicht sollte ich aufhören. Nein, ich bin so nah dran wie noch nie, wer weiß, wann ich wieder die Gelegenheit dazu bekäme? Mein Herz, mein ganzer Körper ist verspannt. Er reagiert auf das Spiel, meine Augen verraten mich, doch mein Kopf bleibt stur. Sie werden nicht leiser. Mein stummer Schrei, übertönt den Raum. Welcher Raum? Der Raum, in den sie als erstes gehen wird, wenn sie wieder kommt. Der Raum, in dem sie das erfahren wird, was sie nie erfahren soll.
Wie soll sie mich finden? Wie wird sie mich auffinden? In dem Raum, welches einst voller Kindermalereien war, wird nur noch eine Kopie von Ophelia zu sehen sein. Nur weniger ästhetisch, mit einer Blutlache, die mich umringt, anstelle von friedlichem Wasser. Wasser, welches den Schandfleck der Natur beseitigt und sie, die diesen Schandfleck der Gesellschaft beseitigen muss.
© Jami Mzee 2022-05-04